Eine neue Dokumentation des ORF Landesstudios Salzburg wirft ein Licht auf ein lange Zeit tabuisiertes Kapitel der Nachkriegsgeschichte: das Schicksal der Kinder von amerikanischen Besatzungssoldaten und österreichischen Frauen. Der Film „Er war weg und ich war da“ erzählt die bewegenden Lebensgeschichten von vier Betroffenen, die oft ein Leben lang mit ihrer Herkunft und Identität rangen.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine neue ORF-Dokumentation befasst sich mit den sogenannten „Besatzungskindern“ in Salzburg.
- Zwischen 1945 und 1955 kamen allein in Salzburg schätzungsweise 2.000 Kinder aus Beziehungen mit US-Soldaten zur Welt.
- Viele dieser Kinder kannten ihre Väter nie und litten unter gesellschaftlicher Ausgrenzung und dem Schweigen ihrer Familien.
- Der Film „Er war weg und ich war da“ wird am Sonntag, den 26. Oktober 2025, um 17:35 Uhr in ORF 2 ausgestrahlt.
Ein stilles Kapitel der Salzburger Geschichte
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stand Salzburg von 1945 bis 1955 unter amerikanischer Besatzung. Diese zehn Jahre waren eine Zeit des Wiederaufbaus und der Hoffnung, aber auch eine Zeit, in der sich unzählige persönliche Dramen abspielten. Aus Begegnungen zwischen einheimischen Frauen und den stationierten US-Soldaten entstanden Beziehungen, aus denen Tausende Kinder hervorgingen.
Allein für den Raum Salzburg schätzen Historiker die Zahl dieser Kinder auf rund 2.000. Für viele von ihnen begann damit eine lebenslange Suche nach den eigenen Wurzeln. Ihre Väter kehrten nach dem Ende ihrer Dienstzeit oft in die USA zurück, ohne von ihrer Vaterschaft zu wissen oder den Kontakt aufrechtzuerhalten.
Historischer Hintergrund: Die US-Besatzung in Salzburg
Nach der Kapitulation Nazi-Deutschlands im Mai 1945 wurde Österreich in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Salzburg gehörte zur amerikanischen Zone. Die Anwesenheit der US-Soldaten prägte das gesellschaftliche Leben für ein ganzes Jahrzehnt, bis zum Abschluss des Österreichischen Staatsvertrags im Jahr 1955, der dem Land seine volle Souveränität zurückgab.
Aufwachsen zwischen Scham und Sehnsucht
Für die Mütter war ein uneheliches Kind in der konservativen Nachkriegsgesellschaft oft ein Stigma. War der Vater zudem ein Besatzungssoldat, führte dies häufig zu sozialer Ausgrenzung und Vorverurteilung. Um sich und ihre Kinder zu schützen, hüllten sich viele Frauen in Schweigen. Die Herkunft der Kinder wurde zum Familiengeheimnis.
Die Kinder selbst spürten die Ablehnung und das Getuschel in ihrer Umgebung. Sie wuchsen mit dem Gefühl auf, anders zu sein, und litten unter der Leerstelle, die der unbekannte Vater hinterließ. Die Suche nach der eigenen Identität wurde für viele zu einer zentralen Lebensaufgabe.
Persönliche Schicksale im Mittelpunkt der Doku
Die neue ORF-Dokumentation von Gestalterin Gabi Kerschbaumer rückt vier dieser Schicksale in den Fokus. Die Protagonisten teilen sehr persönliche Erinnerungen – an vergilbte Fotos, die den Vater als jungen Soldaten zeigen, oder an kleine Geschenke wie Kaugummi und Schokolade, die als Symbole für eine ferne, unbekannte Welt standen.
Die Dokumentation gibt einer Generation eine Stimme, deren Geschichten lange Zeit ungehört blieben. Sie zeigt den inneren Kampf um Zugehörigkeit und die oft jahrzehntelange Suche nach Antworten.
Der Film beleuchtet nicht nur die schwierigen Umstände des Aufwachsens, sondern auch den unbändigen Wunsch, mehr über die eigene Herkunft zu erfahren und vielleicht sogar Frieden mit der Vergangenheit zu schließen.
Ausstrahlungstermin im Detail
- Titel: „Er war weg und ich war da – Die Kinder der amerikanischen Besatzungssoldaten“
- Datum: Sonntag, 26. Oktober 2025
- Uhrzeit: 17:35 Uhr
- Sender: ORF 2
- Gestaltung: Gabi Kerschbaumer
Die Bedeutung der Aufarbeitung für die Gegenwart
Die Beschäftigung mit den Schicksalen der Besatzungskinder ist mehr als nur ein Blick in die Vergangenheit. Sie berührt universelle Themen wie Identität, Herkunft und die tiefgreifenden Folgen von Krieg und Konflikt für die nachfolgenden Generationen. Die Geschichten zeigen, wie historische Ereignisse das Leben einzelner Menschen über Jahrzehnte hinweg prägen können.
Für die Betroffenen selbst ist die öffentliche Anerkennung ihrer Geschichte oft ein wichtiger Schritt zur Versöhnung. Die Dokumentation leistet einen Beitrag dazu, dieses stille Kapitel der österreichischen Zeitgeschichte aufzuarbeiten und das Verständnis für die komplexen menschlichen Erfahrungen der Nachkriegszeit zu vertiefen.


