Das Salzburger Bergfilmfestival „Abenteuer Berg, Abenteuer Film“ hat begonnen und zieht erneut zahlreiche Besucher an. Die diesjährige Ausgabe zeigt eindrucksvoll, dass es bei Bergfilmen längst nicht mehr nur um das Erreichen des Gipfels geht. Stattdessen rücken kritische Themen wie Klimawandel, Overtourism und die persönliche Auseinandersetzung mit der Natur in den Mittelpunkt.
Das Festival bietet eine Plattform für spektakuläre Bilder und tiefgründige Geschichten, die zum Nachdenken anregen. Es beleuchtet die komplexen Beziehungen zwischen Mensch und Bergwelt in einer Zeit, in der diese wertvollen Ökosysteme zunehmend unter Druck geraten.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Salzburger Bergfilmfestival „Abenteuer Berg, Abenteuer Film“ ist gestartet.
- Der Fokus liegt auf einer Mischung aus spektakulären Sportdokumentationen und kritischen Naturfilmen.
- Themen wie Klimawandel, Overtourism und die psychologische Dimension des Bergsteigens werden behandelt.
- Ein Highlight ist der Film „Girl Climber“ über die US-Kletterin Emily Harrington am El Capitan.
Zwischen Adrenalin und Nachdenklichkeit
Die Faszination für die Berge ist ungebrochen. Jedes Jahr zieht es Millionen Menschen in die Alpen, auf der Suche nach Abenteuer, Erholung oder sportlicher Herausforderung. Das Filmfestival in Salzburg fängt diese Faszination ein, geht aber einen entscheidenden Schritt weiter. Es stellt die Frage: Welchen Preis zahlen wir für unsere Bergliebe?
Die Programmauswahl zeigt eine klare kuratorische Linie. Auf der einen Seite stehen Filme, die den Atem rauben – Geschichten von Athleten, die an die Grenzen des menschlich Möglichen gehen. Auf der anderen Seite stehen leise, beobachtende Dokumentationen, die die Verletzlichkeit der alpinen Welt dokumentieren.
Einblicke in die Welt des Extremkletterns
Ein Film, der für besonderes Aufsehen sorgt, ist „Girl Climber“. Die Dokumentation begleitet die amerikanische Weltklasse-Kletterin Emily Harrington bei ihrem ambitionierten Versuch, die fast senkrechte Felswand des El Capitan im Yosemite-Nationalpark in weniger als 24 Stunden zu durchsteigen. Die Kamera ist hautnah dabei und fängt nicht nur die körperliche Anstrengung, sondern auch die mentalen Kämpfe ein.
„Es geht nicht nur darum, den Gipfel zu erreichen. Es geht darum, was man auf dem Weg dorthin über sich selbst lernt“, wird oft von Bergsteigern gesagt. Dieser Film macht diese innere Reise sichtbar.
Die Bilder sind beeindruckend: Harrington hängt in schwindelerregender Höhe, nur durch ein Seil gesichert. Der Film zeigt aber auch die Momente des Zweifels, der Erschöpfung und der puren Willenskraft, die für eine solche Leistung erforderlich sind. Es ist eine Geschichte über Mut, Ausdauer und die Überwindung persönlicher Grenzen.
Der Berg als Spiegel der Gesellschaft
Während Filme wie „Girl Climber“ die individuelle Leistung feiern, richten andere Produktionen den Blick auf globale Probleme. Der Klimawandel hinterlässt in den Bergregionen weltweit unübersehbare Spuren. Gletscher schmelzen in Rekordgeschwindigkeit, Permafrostböden tauen auf und die Wetterextreme nehmen zu.
Mehrere Beiträge im Festivalprogramm widmen sich diesen Veränderungen. Sie zeigen Wissenschaftler bei der Arbeit, sprechen mit Bergführern, die ihre Routen anpassen müssen, und lassen Einheimische zu Wort kommen, deren Lebensgrundlage bedroht ist.
Fakten zum Gletscherschwund
Alpen-Gletscher haben seit dem Jahr 1850 rund 60 Prozent ihres Volumens verloren. Experten warnen, dass bei ungebremster Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts fast alle Alpengletscher verschwunden sein könnten. Dies hat weitreichende Folgen für den Wasserhaushalt, die Energieversorgung und den Tourismus.
Diese Filme sind keine leichten Unterhaltungsstücke. Sie sind aufrüttelnde Appelle, die die Dringlichkeit des Handelns unterstreichen. Sie nutzen die emotionale Kraft der Bilder, um eine Botschaft zu vermitteln, die in reinen Daten und Statistiken oft untergeht.
Die Kehrseite des Erfolgs: Overtourism
Ein weiteres kritisches Thema, das das Festival aufgreift, ist der Massentourismus in den Bergen. Beliebte Gipfel und Wanderwege werden von Menschenmassen regelrecht überrannt. Die Folgen sind Müll, Erosion und eine Belastung für die lokale Infrastruktur und Natur.
Einige Dokumentationen beleuchten dieses Phänomen aus verschiedenen Perspektiven:
- Die Sicht der Einheimischen: Wie erleben Menschen, die in Tourismushochburgen leben, den täglichen Ansturm?
- Die ökologischen Folgen: Welchen Schaden richtet der Massenandrang in sensiblen Ökosystemen an?
- Die Suche nach Lösungen: Gibt es Konzepte für einen nachhaltigeren Tourismus, der Natur und Mensch gleichermaßen respektiert?
Das Festival will hier keine einfachen Antworten geben, sondern eine Debatte anstoßen. Es geht darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Berge ein wertvolles und schützenswertes Gut sind.
Hintergrund: Die Entwicklung des Bergfilms
Der Bergfilm hat eine lange Tradition, die bis in die Stummfilmzeit zurückreicht. Frühe Werke von Regisseuren wie Arnold Fanck inszenierten den Berg als majestätische, aber auch gefährliche Kulisse für dramatische Geschichten. Lange Zeit dominierte das Narrativ vom heroischen Kampf des Menschen gegen die Natur. Moderne Bergfilme, wie sie in Salzburg gezeigt werden, zeichnen ein deutlich differenzierteres Bild. Sie hinterfragen das Verhältnis von Mensch und Natur und reflektieren die gesellschaftlichen Veränderungen, die sich auch in den Bergen zeigen.
Eine Plattform für Dialog und Inspiration
Das Salzburger Bergfilmfestival ist mehr als nur eine Abfolge von Filmvorführungen. Es ist ein Treffpunkt für Bergbegeisterte, Filmemacher, Athleten und Naturschützer. In Diskussionsrunden und Vorträgen werden die Themen der Filme vertieft und kontrovers diskutiert.
Die Veranstalter betonen, dass sie nicht nur unterhalten, sondern auch inspirieren wollen. Die Geschichten auf der Leinwand sollen die Zuschauer dazu anregen, ihre eigene Beziehung zu den Bergen zu überdenken. Es geht um einen respektvollen Umgang mit der Natur und die Erkenntnis, dass wir alle eine Verantwortung für ihren Schutz tragen.
Am Ende bleibt der Eindruck eines Festivals, das den Spagat zwischen spektakulärer Unterhaltung und gesellschaftlicher Relevanz meistert. Es zeigt die Berge in all ihrer Schönheit und Erhabenheit, scheut sich aber nicht, auch die Schattenseiten zu beleuchten. Damit beweist es eindrücklich, dass das Genre des Bergfilms lebendiger und wichtiger ist denn je.





