Seit dem 1. September 2024 erhalten bestimmte geflüchtete Familien im Bundesland Salzburg keine zusätzlichen finanziellen Hilfen mehr für besondere Notlagen. Diese Entscheidung der Landesregierung betrifft unter anderem schwangere Frauen und Familien, die Mehrlinge erwarten. Die Salzburger Kinder- und Jugendanwältin Johanna Fellinger übt scharfe Kritik an der Maßnahme und warnt vor den weitreichenden Folgen für die betroffenen Kinder.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit dem 1. September hat das Land Salzburg bestimmte Sonderzahlungen für geflüchtete Familien eingestellt.
- Betroffen sind finanzielle Hilfen in besonderen Lebenslagen wie Schwangerschaft, die Geburt von Zwillingen oder andere Notfälle.
- Die Salzburger Kinder- und Jugendanwältin Johanna Fellinger kritisiert die Kürzungen als fatales Signal gegen die Kinderrechte.
- Die Maßnahme wirft grundsätzliche Fragen zur Willkommenskultur und zur Unterstützung der schutzbedürftigsten Mitglieder der Gesellschaft auf.
Um welche Kürzungen handelt es sich konkret?
Die Landesregierung hat die Auszahlung von sogenannten „Hilfen in besonderen Lebenslagen“ für spezifische Gruppen von Geflüchteten gestoppt. Diese Unterstützungen waren bisher eine wichtige Säule, um unvorhergesehene finanzielle Belastungen abzufedern, die über die Grundversorgung hinausgehen.
Konkret bedeutet dies, dass Familien in Ausnahmesituationen nun auf sich allein gestellt sind. Dazu zählen beispielsweise die notwendigen Erstausstattungen für Neugeborene, die besonderen Anforderungen bei einer Zwillingsgeburt oder finanzielle Engpässe aufgrund einer plötzlichen Erkrankung.
Betroffene Bereiche
Die gestrichenen Sonderleistungen umfassen unter anderem finanzielle Unterstützung für:
- Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt
- Zusätzliche Bedarfe bei Mehrlingsgeburten
- Andere unvorhergesehene Notfälle, die nicht durch die Grundversorgung gedeckt sind
Diese Hilfen waren bisher ein Instrument, um sicherzustellen, dass auch die Kinder von geflüchteten Familien unter sicheren und menschenwürdigen Bedingungen aufwachsen können. Der Wegfall dieser Unterstützung trifft die Familien in einer ohnehin schon verletzlichen Phase ihres Lebens.
Stimme der Kritik: Kinder- und Jugendanwaltschaft warnt
Johanna Fellinger, die Salzburger Kinder- und Jugendanwältin, äußert sich zutiefst besorgt über die Entscheidung der Landesregierung. Sie sieht darin nicht nur eine finanzielle Kürzung, sondern ein problematisches Signal, das die Rechte und das Wohl von Kindern infrage stellt.
Als Mutter von Zwillingen kennt Fellinger die besonderen Herausforderungen, die eine solche Situation mit sich bringt. Sie betont, dass es hier nicht um Luxus, sondern um die Deckung grundlegender Bedürfnisse gehe.
„Diese Entscheidung sendet eine fatale Botschaft aus. Sie signalisiert, dass uns das Wohl dieser Kinder nicht wichtig ist und dass wir ihre Rechte nicht ernst nehmen. Wir müssen uns fragen, welche Art von Gesellschaft wir sein wollen.“
Die Kinder- und Jugendanwaltschaft argumentiert, dass Österreich durch die UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet ist, das Wohl aller Kinder zu schützen, unabhängig von ihrer Herkunft oder dem Aufenthaltsstatus ihrer Eltern. Die Kürzungen stünden im Widerspruch zu diesem fundamentalen Prinzip.
Ein Plädoyer für eine Kultur der Kinderrechte
Fellinger appelliert an die Politik, eine echte Willkommenskultur zu schaffen, die sich an den Rechten der Kinder orientiert. Jedes Kind, das in Salzburg ankommt, habe ein Recht auf Schutz, Fürsorge und eine faire Chance auf eine gute Entwicklung. Die aktuellen Sparmaßnahmen untergraben dieses Ziel massiv.
Sie fordert eine Politik, die nicht an den Schwächsten spart, sondern gezielt in die Zukunft von Kindern investiert. Dies sei nicht nur eine humanitäre Verpflichtung, sondern auch eine langfristig kluge gesellschaftliche Investition.
Hintergrund: Die UN-Kinderrechtskonvention
Die von Österreich 1992 ratifizierte UN-Kinderrechtskonvention legt fest, dass bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt ist (Artikel 3). Das Übereinkommen gilt für alle Kinder, die sich im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates aufhalten, ohne Diskriminierung jeglicher Art (Artikel 2).
Die möglichen Folgen der Sparmaßnahmen
Die Streichung der finanziellen Hilfen könnte für die betroffenen Familien dramatische Konsequenzen haben. Ohne diese Unterstützung könnten sie Schwierigkeiten haben, grundlegende Bedürfnisse zu decken.
Mögliche Auswirkungen sind:
- Erhöhte finanzielle Not: Familien könnten in Schulden geraten oder nicht in der Lage sein, notwendige Anschaffungen wie Babykleidung, Windeln oder spezielle Nahrung zu tätigen.
- Gesundheitliche Risiken: Mangelnde finanzielle Mittel können sich negativ auf die Gesundheit von Mutter und Kind auswirken, etwa wenn wichtige Arztbesuche oder Medikamente nicht leistbar sind.
- Soziale Ausgrenzung: Die finanzielle Belastung kann zu erhöhtem Stress und sozialer Isolation führen, was die Integration in die Gesellschaft zusätzlich erschwert.
- Psychische Belastung: Die ständige Sorge um die finanzielle Sicherheit stellt eine enorme psychische Belastung für die Eltern dar, die sich auch auf die Kinder überträgt.
Experten warnen, dass solche Kürzungen kurzfristig vielleicht das Budget entlasten, langfristig aber weitaus höhere soziale Folgekosten verursachen können. Ein schlechter Start ins Leben kann die Entwicklungschancen von Kindern nachhaltig beeinträchtigen.
Eine Frage der Prioritäten
Die Debatte um die Kürzungen ist letztlich eine Diskussion über politische Prioritäten. Während die Landesregierung auf die Notwendigkeit von Einsparungen verweisen dürfte, stellen Kritiker die Frage, ob bei den schutzbedürftigsten Mitgliedern der Gesellschaft gespart werden sollte.
Die Kinder- und Jugendanwaltschaft macht deutlich, dass es um mehr als nur um Geld geht. Es geht um die Haltung einer Gesellschaft gegenüber Kindern in Not und um die Einhaltung international anerkannter Menschenrechtsstandards.
Die kommenden Monate werden zeigen, wie sich die Situation für die betroffenen Familien entwickelt und ob die politische Debatte zu einem Umdenken führen wird. Bis dahin bleibt die Sorge um das Wohl der Kinder, die von diesen Kürzungen am härtesten getroffen werden.





