Eine neue Studie aus Salzburg liefert tiefere Einblicke in die Ursachen von Catcalling, also der verbalen Belästigung von Frauen im öffentlichen Raum. Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Männer, die als Kind nur unzureichende emotionale Bindungen erfahren haben, später eher zu solchem Verhalten neigen. Dies eröffnet eine neue Perspektive auf ein weitverbreitetes gesellschaftliches Problem.
Für viele Frauen gehört es zum Alltag: unerwünschte Pfiffe, anzügliche Kommentare oder aufdringliches Anstarren auf der Straße. Das Phänomen, bekannt als Catcalling, wird oft als harmlos abgetan, stellt für Betroffene jedoch eine erhebliche Belastung dar. Die Salzburger Untersuchung geht nun den psychologischen Wurzeln dieses Verhaltens auf den Grund.
Die wichtigsten Erkenntnisse
- Eine Salzburger Studie verbindet Catcalling mit mangelnder emotionaler Bindung in der Kindheit von Männern.
- Catcalling umfasst verbale Belästigungen wie Pfiffe, anzügliche Kommentare und aufdringliches Anstarren.
- Das Verhalten wird von Betroffenen als einschüchternd und belastend empfunden, nicht als Kompliment.
- Experten sehen in den Ergebnissen einen wichtigen Ansatzpunkt für Prävention und gesellschaftliche Aufklärung.
Was genau ist Catcalling?
Unter dem Begriff „Catcalling“ werden verschiedene Formen der verbalen sexuellen Belästigung im öffentlichen Raum zusammengefasst. Es handelt sich dabei um nicht-körperliche Übergriffe, die dennoch tief in die persönliche Sphäre der Betroffenen eingreifen. Die Täter sind überwiegend Männer, die Opfer überwiegend Frauen.
Typische Beispiele für Catcalling sind:
- Hinterherpfeifen oder Rufen
- Anzügliche oder sexuell aufgeladene Kommentare über das Aussehen oder den Körper
- Aufforderungen wie „Lächle doch mal!“
- Aufdringliches Anstarren, das Unbehagen auslöst
Obwohl diese Handlungen oft verharmlost werden, schaffen sie eine Atmosphäre der Unsicherheit und Bedrohung. Viele Frauen passen ihr Verhalten an, um solchen Situationen zu entgehen, indem sie beispielsweise bestimmte Wege meiden oder ihre Kleidung anpassen.
Ein alltägliches Problem
Ob beim Joggen an der Salzach, auf dem Weg zur Arbeit oder beim abendlichen Ausgehen – Catcalling ist für viele Frauen eine alltägliche Erfahrung. Es beschränkt ihre Bewegungsfreiheit und ihr Gefühl der Sicherheit im öffentlichen Raum. Das Problem ist nicht auf bestimmte Orte oder Tageszeiten beschränkt.
Die psychologischen Hintergründe
Die Salzburger Studie rückt nun die psychologischen Ursachen in den Fokus. Die Forscher stellten eine Verbindung zwischen dem Verhalten erwachsener Männer und ihren Erfahrungen in der frühen Kindheit her. Demnach könnte eine unsichere oder mangelhafte emotionale Bindung zu den primären Bezugspersonen die Entwicklung von Empathie und Respekt beeinträchtigen.
Mangelnde Bindung als Risikofaktor
Männer, die in ihrer Kindheit nicht gelernt haben, stabile und sichere emotionale Beziehungen aufzubauen, könnten Schwierigkeiten haben, die Perspektive anderer Menschen – insbesondere von Frauen – nachzuvollziehen. Das Belästigen auf der Straße kann dann als ein ungeeigneter Versuch gesehen werden, Aufmerksamkeit zu erlangen oder ein Gefühl von Macht und Kontrolle auszuüben.
Dieses Verhalten ist oft nicht als ernst gemeinter Versuch der Kontaktaufnahme zu verstehen, sondern dient der Selbstbestätigung des Täters auf Kosten des Opfers. Die Reaktion der Frau – sei es Ignoranz, Angst oder Wut – wird Teil des Machtspiels.
Kein Kompliment
Entgegen der Behauptung mancher Täter, ihre Zurufe seien als Kompliment gemeint, empfinden Betroffene dies durchweg anders. Eine Belästigung im öffentlichen Raum, die auf das Äußere reduziert und oft sexualisiert, wird als objektivierend und einschüchternd wahrgenommen.
Gesellschaftliche Auswirkungen und Lösungsansätze
Die Erkenntnisse der Studie haben weitreichende Bedeutung. Sie zeigen, dass Catcalling mehr ist als nur „dumme Sprüche“. Es ist ein Symptom für tiefere gesellschaftliche und psychologische Probleme. Das Verhalten trägt zur Aufrechterhaltung sexistischer Strukturen bei, in denen Frauen als Objekte und nicht als gleichberechtigte Personen wahrgenommen werden.
Prävention beginnt früh
Wenn die Wurzeln des Problems in der Kindheit liegen, müssen auch die Lösungsansätze dort ansetzen. Experten betonen die Wichtigkeit einer Erziehung, die auf Empathie, Respekt und die Anerkennung persönlicher Grenzen abzielt. Jungen müssen lernen, Frauen als ebenbürtige Partnerinnen zu sehen und zu verstehen, dass ihr Körper und ihre Aufmerksamkeit keine Allgemeingüter sind.
„Die Studie unterstreicht, wie entscheidend eine sichere und liebevolle Umgebung in der Kindheit für die Entwicklung gesunder sozialer Verhaltensweisen ist. Respektvoller Umgang miteinander ist erlernbar.“
Folgende Maßnahmen könnten zur Reduzierung von Catcalling beitragen:
- Aufklärung in Schulen: Programme, die Jungen und Mädchen über sexuelle Belästigung, Einvernehmlichkeit und gegenseitigen Respekt aufklären.
- Öffentliche Kampagnen: Bewusstseinsbildung, die klarstellt, dass Catcalling keine Lappalie, sondern eine Form von Gewalt ist.
- Stärkung der Zivilcourage: Passanten ermutigen, bei Belästigungen einzugreifen und den Betroffenen Unterstützung anzubieten.
Ein Umdenken ist notwendig
Die Ergebnisse der Salzburger Forschung sind ein wichtiger Appell an die Gesellschaft. Sie fordern uns auf, die Ursachen von belästigendem Verhalten zu verstehen, anstatt nur die Symptome zu verurteilen. Ein Pfiff auf der Straße ist nicht nur ein Ton – er ist Ausdruck eines tiefer liegenden Problems, das bei der Erziehung und dem gesellschaftlichen Umgang mit Männlichkeit und Weiblichkeit beginnt.
Für die betroffenen Frauen bedeutet jede dieser Erfahrungen eine erneute Konfrontation mit einem System, das ihre persönliche Integrität infrage stellt. Die Studie aus Salzburg liefert einen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass der Weg zu mehr Sicherheit und Gleichberechtigung im öffentlichen Raum bereits in den frühesten Phasen des Lebens beginnt.





