Eine aktuelle Studie der Universität Salzburg in Kooperation mit der Universität Lausanne enthüllt eine bemerkenswerte Anfälligkeit für Verschwörungstheorien in Österreich. Besonders überraschend: Das Bundesland Salzburg belegt im nationalen Vergleich den zweiten Platz, direkt hinter Kärnten. Die Untersuchung wirft ein Schlaglicht auf die gesellschaftlichen Hintergründe und die Rolle der Politik.
Wichtige Erkenntnisse
- Salzburg zeigt im österreichweiten Vergleich die zweithöchste Anfälligkeit für Verschwörungstheorien.
- Laut der Studie ist jede fünfte Person in Österreich empfänglich für solche Narrative.
- Politikwissenschaftler sehen einen Zusammenhang zwischen politischer Unzufriedenheit und dem Glauben an Verschwörungen.
- Die Studie analysierte Daten aus mehreren europäischen Ländern, um Vergleiche zu ermöglichen.
Salzburgs unerwarteter Spitzenplatz
Die Ergebnisse einer umfassenden europäischen Studie, die von der Universität Salzburg mitinitiiert wurde, sorgen für Aufsehen. Während Österreich im europäischen Mittelfeld liegt, was die Anfälligkeit für Verschwörungstheorien betrifft, zeigt die innerösterreichische Auswertung ein differenziertes Bild. Salzburg positioniert sich als ein Zentrum für solche Überzeugungen und belegt den zweiten Platz.
Diese Platzierung wirft Fragen auf, wie es in einem Bundesland mit hoher Lebensqualität und wirtschaftlicher Stabilität zu einer derartigen Entwicklung kommen kann. Die Forscher untersuchten den Zusammenhang zwischen der politischen Lage und der Neigung der Bevölkerung, an Verschwörungserzählungen zu glauben.
Österreich im Fokus
Die Studie ergab, dass jede fünfte Person in Österreich (rund 20 %) eine hohe Anfälligkeit für Verschwörungstheorien aufweist. Dieser Wert platziert das Land im europäischen Durchschnitt, doch die regionalen Unterschiede sind signifikant.
Wer glaubt an Verschwörungen?
Um die Hintergründe zu verstehen, wurde der Politikwissenschaftler und Projektinitiator Reinhard Heinisch zu den Ergebnissen befragt. Er erklärt, dass der Glaube an Verschwörungen oft mit einer generellen Unzufriedenheit mit dem politischen System und einem Gefühl des Kontrollverlusts einhergeht. Menschen, die sich von den etablierten Institutionen nicht mehr vertreten fühlen, suchen nach alternativen Erklärungsmodellen für komplexe Ereignisse.
„Es geht oft um Menschen, die das Gefühl haben, dass die Dinge nicht mit rechten Dingen zugehen und sie die Kontrolle über ihr eigenes Leben verlieren. Verschwörungstheorien bieten dann eine einfache, wenn auch falsche, Erklärung für komplexe Probleme“, so Heinisch zur Motivation hinter dem Glauben an solche Narrative.
Die Studie identifiziert keine einzelne demografische Gruppe. Stattdessen ist es eine Haltung, die sich durch verschiedene soziale Schichten ziehen kann. Faktoren wie Bildungsgrad, Medienkompetenz und das persönliche soziale Umfeld spielen jedoch eine wichtige Rolle.
Die Rolle der Politik und der Medien
Ein weiterer Aspekt, den die Untersuchung beleuchtet, ist die Verantwortung von Politik und Medien. Eine polarisierende politische Rhetorik kann das Misstrauen in staatliche Institutionen und traditionelle Medien verstärken. Wenn politische Akteure selbst mit vereinfachenden Feindbildern arbeiten, kann dies den Nährboden für Verschwörungsmythen bereiten.
In Salzburg wird die Debatte auch durch die Kritik am Landesmedienzentrum (LMZ) angeheizt. Kritiker, wie der Rechnungshof oder NEOS-Landessprecher Sepp Schellhorn, bemängeln, dass eine landeseigene Medienstelle mit etablierten Medien konkurriert und die Medienvielfalt gefährden könnte. Das LMZ, das für die Öffentlichkeitsarbeit des Landes zuständig ist, beschäftigt 23 Personen und hatte zwischen 2019 und 2021 Personalkosten von 4,5 Millionen Euro.
Das Landesmedienzentrum (LMZ) in der Kritik
Das LMZ ist die zentrale Stelle für die Kommunikation des Landes Salzburg. Es wird kritisiert, weil seine Aufgaben und Kosten als überdimensioniert angesehen werden. Der Rechnungshof forderte, dass das LMZ nicht in Konkurrenz zur privaten Medienlandschaft treten solle. Die hohen Kosten, die sich von 2019 bis 2021 auf insgesamt 7,3 Millionen Euro beliefen, sorgen zusätzlich für politische Diskussionen über dessen Notwendigkeit.
Skepsis gegenüber dem „Volkssport“ Skifahren
Die in der Studie festgestellte Skepsis gegenüber etablierten Narrativen spiegelt sich auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen wider. Ein Beispiel ist die schwindende Bedeutung des Skifahrens als Nationalsport. Lange Zeit galt Skifahren als fester Bestandteil der österreichischen Identität, doch das Bild wandelt sich.
Eine informelle Umfrage zeigt, dass sich viele Salzburgerinnen und Salzburger nicht mehr mit dem Skisport identifizieren. Steigende Kosten, der Klimawandel und ein verändertes Freizeitverhalten führen dazu, dass der Sport an Anziehungskraft verliert. Die Debatte um die Wiedereinführung des sogenannten „Einheimischentarifs“ – eines Rabatts für Anwohner, der aufgrund von EU-Recht abgeschafft wurde – verdeutlicht dies. Viele fragen sich, für wen diese Vergünstigungen überhaupt noch relevant wären.
Die Autorin Laura Anninger beschreibt in ihrem Buch „Schnee von Morgen“ die Transformation des Skifahrens von einem Breitensport zu einer elitären Freizeitbeschäftigung. Sie stellt die Frage, wer sich das Skifahren in Zukunft noch leisten kann und will und kritisiert die massive staatliche Förderung eines Sports, der seine Massenbasis zunehmend verliert.
Bildung als Gegenstrategie
Als positives Gegenbeispiel zu Misstrauen und digitaler Überflutung kann ein Schulprojekt in Hallein gesehen werden. Inspiriert von einer ORF-Dokumentation, verzichten rund 90 Oberstufenschüler des BG und BRG Hallein freiwillig für drei Wochen auf ihre Smartphones. Das Experiment soll die Auswirkungen der ständigen Erreichbarkeit auf Stresslevel, Wohlbefinden und Schlafqualität untersuchen.
Ein Schüler, der am Projekt teilnimmt, erklärte seine Motivation damit, wieder bewusster mit seiner Zeit umgehen und sich besser auf die Schule konzentrieren zu wollen. Solche Initiativen fördern die Medienkompetenz und das kritische Denken – wichtige Fähigkeiten, um in einer komplexen Informationswelt navigieren und Falschinformationen von Fakten unterscheiden zu können.
Die Ergebnisse der Salzburger Studie sind ein Weckruf, die Ursachen für gesellschaftliches Misstrauen ernst zu nehmen und durch Bildung, transparente Kommunikation und eine inklusive Politik gegenzusteuern.





