An einem Wochenende im Herbst verwandelte sich der Salzburger Dom in ein Zentrum moderner Glaubenspraxis. Der dreitägige Anbetungs-Kongress „Adoratio“ zog zahlreiche Gläubige an und setzte mit zeitgenössischer Musik und digitaler Technik neue Akzente in der traditionellen Umgebung. Die Veranstaltung, die explizit auch Mitglieder von Freikirchen einlud, endete mit einer voll besetzten Eucharistiefeier am Sonntag.
Die wichtigsten Fakten
- Veranstaltung: Dreitägiger Anbetungs-Kongress „Adoratio“ im Salzburger Dom.
- Teilnehmer: Die Kathedrale war besonders beim Abschlussgottesdienst am Sonntag voll besetzt.
- Konzept: Verbindung von traditioneller Eucharistie mit modernen Elementen wie Pop-Kirchenmusik und Live-Streaming.
- Ökumenischer Ansatz: Mitglieder von Freikirchen waren ausdrücklich eingeladen, was auf eine Öffnung gegenüber evangelikalen Strömungen hindeutet.
- Organisation: Geleitet wurde das Event von Organisator Rupert Santner, mit dem Passauer Bischof Stefan Oster als prominentem Gast.
Ein Dom voller Leben und moderner Klänge
Der Salzburger Dom, ein Symbol barocker Baukunst und traditioneller Liturgie, bot am vergangenen Wochenende ein ungewohntes Bild. Statt klassischer Orgelmusik erfüllten die Klänge einer jungen Popband die ehrwürdigen Hallen. Große Bildschirme übertrugen das Geschehen live, sodass auch die Besucher in den hinteren Reihen alles mitverfolgen konnten. Gleichzeitig wurde die gesamte Veranstaltung online gestreamt.
Dieser moderne Ansatz ist das Markenzeichen des „Adoratio“-Kongresses, einer Veranstaltung, die sich der eucharistischen Anbetung widmet, dies aber in einer zeitgemäßen Form tut. Das Ziel ist es, den Glauben für ein breiteres und jüngeres Publikum zugänglich zu machen und eine tiefere, persönliche Begegnung mit dem Göttlichen zu ermöglichen.
Was ist „Adoratio“?
„Adoratio“ (lateinisch für Anbetung) ist eine Bewegung innerhalb der katholischen Kirche, die die eucharistische Anbetung in den Mittelpunkt stellt. Dabei wird das in der Monstranz ausgesetzte Allerheiligste – die geweihte Hostie – verehrt. Diese Kongresse kombinieren traditionelle Elemente wie die Heilige Messe und stille Anbetung mit modernen Formaten wie Lobpreis-Musik, Impulsvorträgen und Workshops. Die Bewegung orientiert sich an ähnlichen Formaten aus dem evangelikalen und freikirchlichen Raum, um neue spirituelle Ausdrucksformen zu finden.
Der Höhepunkt am Sonntag
Den feierlichen Abschluss und Höhepunkt des dreitägigen Kongresses bildete die Eucharistiefeier am Sonntagvormittag. Die Sitzbänke im Dom waren bis auf den letzten Platz gefüllt, als der Passauer Bischof Stefan Oster die Messe zelebrierte. Der Einzug wurde von der Popband mit modernen Kirchenliedern begleitet, deren Texte auf den Bildschirmen zum Mitsingen einluden.
Die Atmosphäre war von einer Mischung aus feierlicher Andacht und emotionaler Ergriffenheit geprägt. Viele Teilnehmer, darunter zahlreiche junge Menschen und Familien, zeigten sich tief bewegt. Die Kombination aus traditioneller Liturgie und zeitgenössischer Musik schuf eine Brücke zwischen den Generationen und unterschiedlichen Glaubensprägungen.
„Es geht darum, Räume zu schaffen, in denen Menschen Gott auf eine persönliche und intensive Weise begegnen können“, erklärte Organisator Rupert Santner am Rande der Veranstaltung. „Die Formate mögen neu sein, aber der Kern – die Anbetung – ist ein zentrales Element unseres Glaubens.“
Ein Zeichen der Öffnung
Einladung an Freikirchen
Ein bemerkenswerter Aspekt des Salzburger „Adoratio“-Kongresses war die explizite Einladung an Mitglieder von Freikirchen. Dieser Schritt wird als klares Signal der katholischen Kirche gewertet, den Dialog mit anderen christlichen Konfessionen zu suchen und von den dynamischen Gottesdienstformen evangelikaler Gruppen zu lernen.
Freikirchen sind in den letzten Jahrzehnten stetig gewachsen und bekannt für ihre lebendigen Gottesdienste, ihre starke Gemeinschaftsbildung und ihre moderne Musik. Indem die katholische Kirche Elemente davon aufgreift, versucht sie, auf die spirituellen Bedürfnisse einer sich wandelnden Gesellschaft zu reagieren und Menschen anzusprechen, die sich von traditionellen Formen weniger angezogen fühlen.
Wachstum evangelikaler Bewegungen
Weltweit und auch in Europa verzeichnen evangelikale und pfingstkirchliche Bewegungen ein starkes Wachstum. Laut Schätzungen gehören ihnen weltweit über 600 Millionen Menschen an. Ihre Anziehungskraft liegt oft in der emotionalen und erfahrungsorientierten Glaubenspraxis, die im Gegensatz zur formelleren Liturgie traditioneller Kirchen steht.
Die Rolle der digitalen Kirche
Die professionelle technische Umsetzung des Kongresses unterstreicht einen weiteren wichtigen Trend: die zunehmende Bedeutung digitaler Medien für die Glaubensvermittlung. Der Livestream ermöglichte es Menschen aus aller Welt, virtuell am Gottesdienst teilzunehmen. Dies ist nicht nur eine Reaktion auf die Erfahrungen der Pandemie, sondern auch eine strategische Entscheidung, um eine globale Gemeinschaft zu bilden.
Die Nutzung von Bildschirmen im Kirchenraum selbst dient dazu, die Barriere zwischen Altarraum und Gemeinde zu verringern. Jeder Teilnehmer hat einen direkten Blick auf das liturgische Geschehen, was die persönliche Teilnahme und das Gefühl der Verbundenheit verstärkt. Für die katholische Kirche in Salzburg stellt der „Adoratio“-Kongress somit ein wichtiges Experiment dar, wie Tradition und Moderne erfolgreich miteinander verbunden werden können, um den Glauben im 21. Jahrhundert relevant zu halten.
Die Veranstaltung zeigte, dass das Bedürfnis nach Spiritualität und Gemeinschaft ungebrochen ist. Mit Formaten wie „Adoratio“ versucht die Kirche, Antworten auf dieses Bedürfnis zu geben – mit modernen Klängen in alten Mauern.





