Das Salzburger Freilichtmuseum in Großgmain wurde am 5. Oktober zum Schauplatz einer lebendigen Tradition. Beim dritten Rosserertag zeigten Fuhrleute und Handwerker eindrucksvoll, welche Bedeutung Arbeitspferde einst im ländlichen Leben hatten. Die Veranstaltung zog zahlreiche Besucher an, die das fast vergessene Wissen rund um die Arbeit mit Pferden aus nächster Nähe erleben wollten.
Im Mittelpunkt stand das Norikerpferd, eine robuste und vielseitige Rasse, die seit Jahrhunderten in den Alpen beheimatet ist. Vorführungen wie das Holzrücken, das Säumen und das Schmieden von Hufeisen gaben Einblicke in eine Zeit, in der die Kraft der Tiere für die tägliche Arbeit unverzichtbar war.
Wichtige Erkenntnisse
- Der dritte Rosserertag im Freilichtmuseum Großgmain feierte das traditionelle Handwerk der Fuhrleute.
- Demonstrationen zeigten historische Arbeitstechniken wie Holzrücken und Säumen mit Norikerpferden.
- Hufschmiede gaben Einblicke in ihre anspruchsvolle Arbeit und die Bedeutung des richtigen Beschlags.
- Das Interesse an alten Handwerksberufen und dem Einsatz von Arbeitspferden in Nischenbereichen wächst wieder.
Ein lebendiges Museum voller Tradition
Am 5. Oktober verwandelte sich das weitläufige Gelände des Salzburger Freilichtmuseums in eine Bühne für ein altes Handwerk. Der Rosserertag, der bereits zum dritten Mal stattfand, bot eine seltene Gelegenheit, die enge Zusammenarbeit zwischen Mensch und Arbeitspferd zu beobachten. Früher war es selbstverständlich, dass auf fast jedem Bauernhof mindestens ein Pferd für die schwere Feld- und Waldarbeit bereitstand.
Heute sind diese Bilder selten geworden. Umso größer war das Interesse der Besucher, die nach Großgmain kamen. Sie erlebten, wie Fuhrleute mit beeindruckender Präzision und Ruhe schwere Baumstämme durch unwegsames Gelände manövrierten. Die Veranstaltung war mehr als nur eine Vorführung; sie war eine Hommage an eine fast vergessene Kultur und das Wissen, das über Generationen weitergegeben wurde.
Die Atmosphäre im Freilichtmuseum
Die historischen Bauernhöfe und Werkstätten des Freilichtmuseums boten die perfekte Kulisse. Der Geruch von Holz, glühendem Eisen und Pferden lag in der Luft. Überall auf dem Gelände konnten die Besucher Handwerkern bei der Arbeit zusehen und mit den Fuhrleuten ins Gespräch kommen. Es war eine Reise in die Vergangenheit, die alle Sinne ansprach und die Bedeutung des Kulturerbes greifbar machte.
Das Norikerpferd im Zentrum der Aufmerksamkeit
Die Stars des Tages waren zweifellos die Norikerpferde. Diese Kaltblutrasse, die ihren Ursprung in den römischen Provinzen hat, ist perfekt an die Bedingungen im Alpenraum angepasst. Ihre Kraft, Trittsicherheit und ihr ruhiges Gemüt machen sie zu idealen Arbeitstieren. Beim Rosserertag zeigten sie ihre Fähigkeiten in verschiedenen Disziplinen.
Steckbrief Norikerpferd
- Herkunft: Alpenraum, speziell Österreich
- Typ: Kaltblut, Gebirgskaltblutpferd
- Stockmaß: ca. 155 bis 165 cm
- Gewicht: 700 bis 900 kg
- Eigenschaften: Kraftvoll, trittsicher, ausgeglichen, robust
- Verwendung: Früher Land- und Forstarbeit, heute Freizeit, Fahren und vereinzelt noch als Arbeitspferd
Besonders eindrucksvoll war die Demonstration des Holzrückens. Dabei ziehen die Pferde gefällte Baumstämme aus dem Wald. Diese Methode ist nicht nur traditionell, sondern auch heute noch in ökologisch sensiblen oder schwer zugänglichen Waldgebieten gefragt. Ein Pferd kann den Waldboden schonender bearbeiten als schwere Maschinen.
Säumen eine wiederentdeckte Technik
Eine weitere Vorführung widmete sich dem Säumen, dem Transport von Lasten mit Packpferden. Christian Aigner und Anja Greunz zeigten mit ihrer Norikerstute „Lady“, wie das funktioniert. „Ein Saumpferd kann bis zu 20 Prozent seines eigenen Körpergewichts tragen“, erklärte Aigner. Für „Lady“ bedeutet das eine Last von bis zu 160 Kilogramm.
Diese Transportmethode erlebt eine Renaissance. In Niederösterreich wird beispielsweise die Gloggnitzerhütte auf der Rax noch heute per Pferd versorgt. Das Säumen ist eine nachhaltige Alternative, um abgelegene Orte zu beliefern, die für Fahrzeuge nicht erreichbar sind.
Das Handwerk des Hufschmieds
Kein Arbeitspferd ohne den richtigen „Schuh“. Die Arbeit des Hufschmieds ist entscheidend für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Tiere. Beim Rosserertag konnten die Besucher den Schmieden Tibor Stix und Christina Frank aus Marzoll bei ihrer körperlich anstrengenden Arbeit über die Schulter schauen.
„Fest draufhauen!“, lautete die Anweisung von Schmied Tibor Stix an einen jungen Besucher, der sich selbst am Amboss versuchen durfte. Das Formen eines Hufeisens erfordert Kraft, Präzision und viel Erfahrung.
Die Schmiede erklärten die einzelnen Arbeitsschritte: das Erhitzen des Eisens im Feuer, das Formen auf dem Amboss und die genaue Anpassung an den Huf des Pferdes. Jeder Huf ist anders, daher ist jedes Hufeisen eine Maßanfertigung. Ein schlecht sitzendes Hufeisen kann dem Pferd Schmerzen bereiten und zu Haltungsschäden führen.
Ein kleines Detail am Rande sorgte für ein Schmunzeln: Ein vorgefertigtes Hufeisen war sichtlich zu klein für die mächtigen Hufe eines Norikers. „Das würde eher für ein Shetlandpony passen“, kommentierte einer der Fachleute. Es verdeutlichte, wie individuell diese Arbeit sein muss.
Eine Gemeinschaft mit eigenen Zeichen
Die Welt der Fuhrleute, oder „Rosserer“, wie sie sich selbst nennen, ist eine eng vernetzte Gemeinschaft. Man kennt sich untereinander, tauscht Erfahrungen aus und pflegt die gemeinsamen Traditionen. Wer genau hinsah, konnte ein besonderes Erkennungszeichen entdecken.
Die Spielwaage als Symbol
Viele Fuhrleute tragen eine Miniatur der sogenannten Spielwaage an ihrem Hut. Dieses Bauteil gehört zum Zuggeschirr eines Arbeitspferdes. Es ist ein bewegliches Holz- oder Metallstück, das dafür sorgt, die Zugkraft gleichmäßig auf beide Schultern des Pferdes zu verteilen. Dieses kleine Symbol steht für das Fachwissen und den Respekt vor dem Tier, die für diesen Beruf unerlässlich sind.
Der Rosserertag in Großgmain war somit mehr als nur eine Leistungsschau. Er war ein Treffpunkt für Gleichgesinnte und eine wichtige Veranstaltung, um das Wissen an die nächste Generation weiterzugeben. Das große Interesse der Besucher zeigt, dass diese alten Handwerke auch in der modernen Welt noch eine Faszination ausüben und ihren Platz haben.
Veranstaltungen wie diese tragen maßgeblich dazu bei, das kulturelle Erbe lebendig zu halten und das Bewusstsein für die historische Bedeutung der Arbeitspferde zu schärfen. Sie erinnern daran, dass die Beziehung zwischen Mensch und Tier über Jahrhunderte die Grundlage für das Leben und Arbeiten in ländlichen Regionen bildete.





