Das 24. Heimat:Filmfestival in Radstadt hat begonnen und rückt in diesem Jahr drängende globale und regionale Themen in den Mittelpunkt. Mit einem Programm aus 30 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilmen, darunter zahlreiche Salzburg- und Österreich-Premieren, will das Festival den Begriff „Heimat“ neu definieren und zur Diskussion über aktuelle Herausforderungen anregen.
Die Organisatoren betonen, dass es in Zeiten weltweiter Unruhen wichtig sei, Geschichten zu erzählen, die Toleranz, Solidarität und Empathie fördern. Das Festival dient als Plattform für Filme, die sich mit prekären Lebensmodellen, ökologischen Krisen und dem menschlichen Zusammenhalt auseinandersetzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Das 24. Heimat:Filmfestival in Radstadt präsentiert 30 internationale und lokale Filme.
- Der Fokus liegt auf globalen Krisen, ökologischen Herausforderungen und menschlichem Zusammenhalt.
- Zahlreiche Salzburg- und Österreich-Premieren werden im Rahmen des Festivals gezeigt.
- Themen reichen vom Kampf afghanischer Frauen über das Gletscherschmelzen bis hin zu regionalen Kulturgeschichten.
Ein Programm, das die Welt abbildet
Das diesjährige Filmfestival in Radstadt scheut keine konfrontativen Themen. Statt einer nostalgischen Verklärung des Heimatbegriffs wird der Blick auf die Realitäten gerichtet, mit denen Menschen weltweit konfrontiert sind. Elisabeth Schneider vom veranstaltenden Kulturverein „Das Zentrum“ erklärt die Intention hinter der Filmauswahl.
„Mit dem aktuellen Programm machen wir uns auf den Weg in Länder, in Regionen und zu Menschen, deren Lebensmodelle prekär sind, deren Fragen dringende Antworten benötigen und mit uns geteilt werden wollen“, so Schneider.
Sie betont, dass die aktuellen globalen Herausforderungen eine Auseinandersetzung mit Werten wie Toleranz und Solidarität erfordern. Die ausgewählten Filme sollen genau das leisten: Sie zeigen funktionierende Ökosysteme, Gemeinschaftssinn und den unbedingten Willen zum Zusammenhalt.
Von Afghanistan bis Palästina: Politische Schicksale auf der Leinwand
Ein Beispiel für die politische Dimension des Festivals ist der Eröffnungsfilm „Die letzte Botschafterin“. Die Dokumentation von Natalie Halla porträtiert die afghanische Botschafterin Manizha Bakhtari, die von Wien aus den Kampf gegen das Taliban-Regime führt. Seit der Machtübernahme der Taliban 2021 vertritt sie ein Land, dessen Regierung international nicht anerkannt wird, und setzt sich unter Lebensgefahr für die Rechte und die Bildung afghanischer Frauen ein.
Ein weiteres Highlight ist die Österreich-Premiere des Spielfilms „Im Schatten des Orangenbaums“ von Cherien Dabis. Der bereits mehrfach prämierte Film erzählt eine Familiengeschichte aus dem Westjordanland und gibt Einblicke in eine komplexe und oft missverstandene Region.
Heimat neu gedacht
Das Festival definiert „Heimat“ nicht als geografisch begrenzten Ort, sondern als einen Zustand des Dazugehörens und der Auseinandersetzung mit der eigenen Umwelt. Dieser Ansatz ermöglicht es, globale Geschichten von Vertreibung, politischem Kampf und kultureller Identität in den lokalen Kontext von Radstadt zu bringen und universelle menschliche Erfahrungen zu beleuchten.
Alpine Krisen und lokale Geschichten
Neben dem internationalen Fokus widmet sich das Festival auch intensiv den Herausforderungen im Alpenraum. Das Schwinden der Gletscher ist ein Thema, das die Menschen in Salzburg und den umliegenden Regionen direkt betrifft und im Programm prominent vertreten ist.
Das Requiem für die Gletscher
Harry Putz' Dokumentarfilm „Requiem in Weiß“ setzt sich kritisch mit dem Gletscherschwund und dem damit verbundenen Massentourismus auseinander. Der Film zeigt eindrücklich den Widerspruch zwischen der Zerstörung der Natur und dem boomenden Geschäft mit den letzten Resten des „ewigen Eises“.
Es werden drastische Eingriffe in die hochalpine Landschaft dokumentiert:
- Gletscherabdeckungen: Riesige Planen sollen das Eis vor der Sommersonne schützen.
- Kunstschneeanlagen: Der Skibetrieb wird auch auf schmelzenden Gletschern künstlich aufrechterhalten.
- Geländeplanierungen: Massive Erdbewegungen sollen neue Pisten ermöglichen.
- Schneedepots: Schnee vom Winter wird über den Sommer gelagert.
Der Film stellt die Frage, wie lange dieser Wettlauf gegen die Zeit noch weitergehen kann und welche Konsequenzen er für die alpine Umwelt hat.
Südtirol als filmischer Partner
Eine langjährige „filmische Freundschaft“ verbindet das Festival mit Südtirol. „Diese Partnerschaft ermöglicht es uns, immer wieder spannende, aktuelle, aber auch historisch bedeutsame Filme zu zeigen“, erklärt Elisabeth Schneider. In diesem Jahr werden mehrere Produktionen aus der Nachbarregion präsentiert.
Kultur, Kunst und Pioniere aus der Nachbarschaft
Mehrere Filme beleuchten die Kultur und Geschichte Südtirols. „Elevated Art – Wer Kunst auf Berge stellt“ dokumentiert ein Kunstprojekt im Gadertal und die kontroverse Debatte darüber, ob Kunst in die Natur gehört. Der Film „Nos Chastè“ erzählt die märchenhafte Geschichte des Schlosses Tarasp, das heute dem Künstler Not Vital gehört. Regisseurin Susanna Fanzun ist als Tochter des ehemaligen Schlossverwalters dort aufgewachsen und bietet eine einzigartige, persönliche Perspektive.
Ein weiteres Stück Zeitgeschichte zeigt Helmut Lechthaler in „Pioniere des Fernsehens“. Die Dokumentation widmet sich dem allerersten deutschsprachigen Privatsender, der 1978 in Naturns im Vinschgau entstand. Christoph Franceschini, ein häufiger Gast in Radstadt, präsentiert zudem einen Film über den Politiker und Vordenker Alexander Langer.
Weitere Premieren und Filmkunst
Das Programm ist reich an weiteren Entdeckungen und Premieren. Obwohl die Viennale kürzlich die Österreich-Premiere von Jafar Panahis Cannes-Gewinnerfilm „Ein einfacher Unfall“ zeigte, wird der Film auch in Radstadt zu sehen sein. Eine echte Österreich-Premiere ist hingegen „The Ballad of Wallis Island“ von James Griffiths.
Den Abschluss der Salzburger Erstaufführungen am Eröffnungstag bildet Othmar Schmiderers „Elements of(f) Balance“. Der Film untersucht, wie altes Wissen über Permakultur genutzt wird, um lebendige Biotope in der modernen Landwirtschaft zu schaffen – ein Thema, das den Bogen von globalen ökologischen Fragen zurück zu konkreten, lokalen Lösungen schlägt.
Das Heimat:Filmfestival Radstadt positioniert sich somit einmal mehr als ein Ort des kritischen Dialogs, der durch die Kraft des Kinos zum Nachdenken anregt und den Blick für die komplexen Zusammenhänge unserer Zeit schärft.





