In Salzburg-Nonntal sorgt ein ungewöhnlicher Fund für Aufsehen: Ein historischer Grenzstein, der teilweise in den Asphalt eines Gehwegs eingelassen ist, gibt Anwohnern und Experten Rätsel auf. Das Relikt aus einer vergangenen Epoche befindet sich an der Nonntaler Hauptstraße und wirft Fragen zu seiner Herkunft und Bedeutung auf.
Wichtige Fakten
- Ein alter Grenzstein wurde zwischen den Hausnummern 92 und 94 in der Nonntaler Hauptstraße entdeckt.
- Nur der obere Teil des Steins ragt aus dem Asphalt des Gehwegs heraus.
- Experten vermuten, dass der Stein aus der Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie stammt.
- Die eingravierten Kürzel auf dem Stein sind bisher nicht eindeutig identifiziert und stellen ein historisches Rätsel dar.
Ein unscheinbares Relikt im urbanen Raum
Auf den ersten Blick ist er leicht zu übersehen. Zwischen der Bäckerei Kandlerin (Hausnummer 92) und dem Betrieb des Steinmetzmeisters Vierhauser (Hausnummer 94) befindet sich ein kurioses Objekt. Ein abgerundeter, alter Stein ragt nur wenige Zentimeter aus dem dunklen Asphalt des Gehsteigs hervor. Für die meisten Passanten ist er nur eine Unebenheit im Boden, doch bei genauerem Hinsehen entpuppt er sich als historischer Grenzstein.
Die ungewöhnliche Lage, fest im modernen Straßenbelag verankert, macht den Stein zu einem besonderen Fund. Er wirkt wie ein Fenster in eine andere Zeit, das sich mitten im hektischen Alltag des 21. Jahrhunderts öffnet. Solche Funde sind in historisch reichen Städten wie Salzburg nicht unmöglich, aber selten so offensichtlich und doch so übersehen.
Historische Grenzsteine in Salzburg
Grenzsteine, auch Marksteine genannt, dienten seit Jahrhunderten zur Markierung von Grundstücks- und Gebietsgrenzen. In Salzburg und Umgebung finden sich zahlreiche solcher Steine aus verschiedenen Epochen, von erzbischöflichen Herrschaftsgebieten bis hin zu privaten Parzellen. Sie sind wichtige physische Zeugnisse der Rechts- und Verwaltungsgeschichte der Region.
Spurensuche in der Monarchie
Obwohl eine genaue Datierung noch aussteht, deutet die Machart des Steins darauf hin, dass er aus der Zeit der k. u. k. Monarchie stammt. In dieser Periode, insbesondere im 19. Jahrhundert, wurde die Vermessung und Kennzeichnung von Grundstücken systematisch vorangetrieben. Grenzsteine waren dabei ein zentrales Instrument zur Sicherung von Eigentumsrechten.
Der Stein in Nonntal könnte die Grenze zwischen zwei privaten Grundstücken, einer Pfarrei oder sogar einer alten Gemeindegrenze markiert haben. Seine abgerundete Oberseite ist typisch für viele Marksteine dieser Zeit, da sie dadurch widerstandsfähiger gegen Witterung und Beschädigungen waren.
Die Katastralvermessung
Unter Kaiser Franz I. wurde ab 1817 der „Stabile Kataster“ eingeführt, eine umfassende Vermessung und Kartierung aller Grundstücke der Monarchie. Die dabei gesetzten Grenzsteine sind heute wichtige Quellen für Historiker und Heimatforscher. Der Nonntaler Stein könnte ein Überbleibsel dieser flächendeckenden Vermessungsaktion sein.
Das Geheimnis der Inschrift
Die größte Frage, die der Stein aufwirft, betrifft seine Inschrift. Auf der Oberfläche sind Kürzel eingraviert, deren Bedeutung unklar ist. Solche Markierungen konnten verschiedene Informationen enthalten:
- Initialen des Grundbesitzers: Oft wurden die Anfangsbuchstaben der Eigentümer angrenzender Parzellen eingemeißelt.
- Hoheitliche Zeichen: Kürzel wie „K.K.“ (kaiserlich-königlich) oder Wappen zeigten staatlichen oder kirchlichen Besitz an.
- Parzellennummern: Im Zuge der Katastralvermessung wurden Steine oft mit Nummern versehen, die auf die entsprechenden Karten verwiesen.
Die Kürzel auf dem Nonntaler Stein passen bisher in kein bekanntes Schema, was die Spekulationen anheizt. Heimatforscher und Historiker sind nun gefordert, in alten Karten, Grundbüchern und Archiven nach Hinweisen zu suchen, die das Rätsel lüften könnten.
„Jeder dieser Steine erzählt eine Geschichte über Besitz, Verwaltung und das Leben der Menschen zu einer bestimmten Zeit. Sie sind kleine, aber ungemein wichtige Puzzleteile unserer lokalen Geschichte“, erklärt ein lokaler Historiker, der sich mit dem Fund beschäftigt.
Ein Zeitzeuge zwischen Bewahrung und Vergessen
Der Grenzstein in der Nonntaler Hauptstraße ist ein perfektes Beispiel dafür, wie Relikte der Vergangenheit im modernen Stadtbild überleben können. Während viele historische Spuren durch Bauarbeiten und Modernisierungen unwiederbringlich verloren gehen, wurde dieser Stein durch das Einasphaltieren paradoxerweise konserviert, wenn auch nicht in seiner Gänze.
Die Entdeckung wirft nun die Frage nach dem weiteren Umgang mit dem Artefakt auf. Sollte man den Stein vollständig freilegen, um ihn besser untersuchen und präsentieren zu können? Oder sollte er als kurioser, in den Alltag integrierter Zeitzeuge an seinem Platz verbleiben? Eine behutsame Untersuchung wäre wünschenswert, um mehr über seine Geschichte zu erfahren, ohne ihn aus seinem Kontext zu reißen.
Für die Bewohner von Nonntal ist der Stein mehr als nur ein altes Stück Fels. Er ist eine greifbare Verbindung zur Vergangenheit ihres Stadtteils und ein Symbol für die vielen verborgenen Geschichten, die direkt unter der Oberfläche des modernen Salzburgs schlummern und nur darauf warten, entdeckt zu werden.





