Ein Forschungsteam der Universität Salzburg hat erstmals nachgewiesen, dass eine Immuntherapie gegen Birkenpollenallergie messbare Veränderungen im menschlichen Erbgut hinterlässt. Die in der Fachzeitschrift „Allergy“ veröffentlichten Ergebnisse könnten die Behandlung von Allergien grundlegend verändern und den Weg für personalisierte Therapien ebnen.
Wichtige Erkenntnisse
- Eine Immuntherapie gegen Birkenpollen verursacht nachweisbare epigenetische Veränderungen.
- Diese Veränderungen wurden bereits nach sechs Monaten Behandlung in relevanten Immungenen festgestellt.
- Die Studienergebnisse könnten zur Entwicklung von Biomarkern führen, um den Erfolg einer Therapie frühzeitig zu messen.
- Dies ist ein bedeutender Fortschritt in Richtung einer personalisierten Allergiebehandlung.
Ein Durchbruch in der Allergieforschung
Millionen von Menschen leiden jedes Jahr unter den Symptomen einer Birkenpollenallergie. Eine gängige Behandlungsmethode ist die spezifische Immuntherapie, bei der der Körper langsam an das Allergen gewöhnt wird. Bisher war bekannt, dass diese Therapie die Symptome lindert. Ein Team der Universität Salzburg hat nun gezeigt, dass die Behandlung weit tiefgreifendere Effekte hat.
Unter der Leitung von Angelika Lahnsteiner und Lorenz Aglas vom Fachbereich Biowissenschaften und Medizinische Biologie untersuchten die Forschenden, wie sich die Therapie auf das Epigenom auswirkt. Das Epigenom fungiert als eine Art Schaltsystem für unsere Gene und bestimmt, welche davon wann aktiv sind.
Was ist das Epigenom?
Das Epigenom besteht aus chemischen Markierungen auf der DNA, die die Genaktivität steuern, ohne die DNA-Sequenz selbst zu verändern. Einer der wichtigsten Prozesse ist die DNA-Methylierung. Umweltfaktoren wie Ernährung oder eben auch Allergene können diese Muster beeinflussen und so zur Entstehung von Krankheiten wie Allergien beitragen.
Die Studienergebnisse im Detail
Die Untersuchung war Teil eines internationalen Forschungsprojekts, das in Zusammenarbeit mit der Universität Amsterdam und unter der Leitung von Fatima Ferreira-Briza von der Universität Salzburg am Universitätsklinikum Odense in Dänemark stattfand. Patienten mit einer bekannten Birkenpollenallergie nahmen daran teil.
Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt: Eine Gruppe erhielt eine Immuntherapie mit einem echten Birkenpollenextrakt, während die andere Gruppe ein Placebo ohne Wirkstoff bekam. Dieser Aufbau stellte sicher, dass die beobachteten Effekte direkt auf die Behandlung zurückzuführen sind.
Messbare Veränderungen nach kurzer Zeit
Die Forschenden entnahmen den Patienten zu verschiedenen Zeitpunkten Proben, um deren epigenetische Muster zu analysieren. Das Ergebnis war eindeutig: Bereits nach einem halben Jahr zeigten sich bei den behandelten Patienten signifikante Veränderungen bei der DNA-Methylierung.
„Diese Veränderungen traten nur bei den behandelten Personen auf – nicht aber in der Placebo-Gruppe“, erklärt Angelika Lahnsteiner in einer Mitteilung der Universität. „Das zeigt, dass die Therapie nicht nur wirkt, sondern auch im Epigenom spezifische Veränderungen auftreten.“
Besonders relevant ist, dass diese epigenetischen Anpassungen genau in jenen Genen stattfanden, die eine zentrale Rolle bei der Immunabwehr und der Entstehung von allergischen Reaktionen spielen. Die Therapie scheint also direkt an der Wurzel des Problems anzusetzen, indem sie die Steuerung der relevanten Gene modifiziert.
Internationale Zusammenarbeit
Die Studie wurde unter der Leitung von Ronald van Ree (University Medical Centers, Amsterdam) in Kooperation mit der Universität Salzburg durchgeführt. Die klinische Umsetzung fand am Universitätsklinikum Odense in Dänemark statt, was die internationale Bedeutung der Salzburger Forschungsarbeit unterstreicht.
Was bedeutet das für Allergiker?
Die Entdeckung der Salzburger Wissenschaftler hat weitreichende praktische Implikationen. Bisher lässt sich der Erfolg einer Immuntherapie oft erst nach längerer Zeit anhand der nachlassenden Symptome beurteilen. Die neuen Erkenntnisse eröffnen die Möglichkeit, den Therapieverlauf objektiv und viel früher zu überwachen.
Die spezifischen DNA-Methylierungsmuster könnten in Zukunft als Biomarker dienen. Ein Biomarker ist ein messbarer Indikator, der Auskunft über einen biologischen Zustand gibt. Ärzte könnten durch eine einfache Analyse feststellen, ob ein Patient auf die Behandlung anspricht oder nicht.
Vorteile von Biomarkern in der Allergiebehandlung
- Frühe Erfolgskontrolle: Es wäre möglich, schon nach wenigen Monaten zu erkennen, ob die Therapie anschlägt.
- Vermeidung unnötiger Behandlungen: Spricht ein Patient nicht an, kann die Therapie frühzeitig angepasst oder beendet werden.
- Objektive Messung: Die Beurteilung des Erfolgs wäre nicht mehr nur von der subjektiven Einschätzung der Symptome durch den Patienten abhängig.
Der Weg zur personalisierten Medizin
Langfristig ist diese Forschung ein wichtiger Schritt in Richtung einer personalisierten Medizin. Jeder Mensch reagiert anders auf Behandlungen. Das Ziel der personalisierten Medizin ist es, Therapien exakt auf die individuellen biologischen Gegebenheiten eines Patienten zuzuschneiden.
„Langfristig könnten Therapien besser auf einzelne Patientinnen und Patienten abgestimmt werden“, so Lahnsteiner. Mit Hilfe epigenetischer Biomarker ließe sich möglicherweise vorhersagen, welche Form der Immuntherapie für eine bestimmte Person am besten geeignet ist.
Die Forschung aus Salzburg liefert somit nicht nur ein tieferes Verständnis dafür, wie die Immuntherapie auf molekularer Ebene funktioniert, sondern schafft auch die Grundlage für effektivere und individuellere Behandlungsstrategien für Millionen von Allergikern weltweit. Der nächste Schritt wird sein, diese Erkenntnisse in klinisch anwendbare Tests zu überführen.





