In Salzburg leben Familien, deren Alltag von einer seltenen und schweren Hautkrankheit geprägt ist: Epidermolysis Bullosa (EB), auch als Schmetterlingskrankheit bekannt. Für die betroffenen Kinder, deren Haut so verletzlich wie die Flügel eines Schmetterlings ist, und ihre Eltern bedeutet dies eine tägliche, stundenlange Pflegeroutine und einen permanenten Kampf gegen Schmerzen und Wunden. Salzburg hat sich dabei zu einem führenden Zentrum für die Behandlung und Forschung dieser Erkrankung entwickelt.
Die Diagnose stellt das Leben der Familien auf den Kopf. Einfachste Berührungen, Reibung durch Kleidung oder ein kleiner Stoß können bei den sogenannten Schmetterlingskindern zu schmerzhaften Blasen und offenen Wunden führen. Der tägliche Verbandswechsel ist eine immense Belastung, die oft mehrere Stunden in Anspruch nimmt und spezialisiertes Wissen erfordert.
Wichtige Erkenntnisse
- Epidermolysis Bullosa (EB) ist eine seltene genetische Krankheit, die extreme Hautverletzlichkeit verursacht.
- Die tägliche Pflege, insbesondere der Verbandswechsel, kann für Eltern zu einer mehrstündigen Aufgabe werden.
- Salzburg ist ein führendes Behandlungszentrum in Österreich und Europa für Patienten mit EB.
- Lokale Forschung, unter anderem aus Grödig, trägt maßgeblich zur Entwicklung neuer Therapieansätze bei.
- Betroffene Familien sind auf ein starkes Netzwerk aus medizinischer Versorgung, psychologischer Unterstützung und Selbsthilfegruppen angewiesen.
Ein Leben im Zeichen der Krankheit
Für Eltern von Schmetterlingskindern beginnt der Tag nicht mit einem normalen Frühstück, sondern oft mit einem stundenlangen Pflegeritual. „Allein der Verbandswechsel ist mehr als ein Halbtagsjob“, beschreibt Elisabeth Rettenbacher, deren Familie von der Krankheit betroffen ist, die enorme Belastung. Jeder Verband muss vorsichtig entfernt, die Wunden gereinigt und neue, spezielle Wundauflagen angelegt werden. Dies ist nicht nur zeitaufwendig, sondern auch emotional und körperlich erschöpfend.
Die Haut der Kinder ist so empfindlich, dass selbst alltägliche Aktivitäten zu einer Gefahr werden. Spielen, Krabbeln oder das Tragen von normaler Kleidung können Verletzungen verursachen. Die ständigen Schmerzen und der Juckreiz sind für die Kinder eine große Qual und fordern von den Eltern ein Höchstmaß an Geduld, Fürsorge und Kreativität, um den Alltag so normal wie möglich zu gestalten.
Zahlen und Fakten zu Epidermolysis Bullosa
In Österreich leben rund 500 Menschen mit Epidermolysis Bullosa. Weltweit wird die Zahl auf etwa 500.000 geschätzt. Die Krankheit tritt in verschiedenen Schweregraden auf, von milden Formen, die nur die Haut betreffen, bis hin zu schweren systemischen Verläufen, die auch innere Organe wie den Magen-Darm-Trakt in Mitleidenschaft ziehen.
Salzburg als medizinisches Kompetenzzentrum
Inmitten dieser Herausforderungen hat sich Salzburg zu einem Hoffnungsanker für betroffene Familien entwickelt. Das EB-Haus Austria in der Salzburger Universitätsklinik für Dermatologie ist eine international anerkannte Spezialklinik, die sich ausschließlich der Behandlung und Erforschung von Epidermolysis Bullosa widmet. Hier erhalten Patienten eine umfassende, multidisziplinäre Versorgung.
Ein Team aus Spezialisten
Das Besondere am Salzburger Ansatz ist die enge Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen. Ein Team aus Dermatologen, Kinderärzten, Wundmanagern, Ernährungsberatern, Psychologen und Sozialarbeitern kümmert sich um die vielfältigen Bedürfnisse der Patienten. Diese ganzheitliche Betreuung ist entscheidend, da EB nicht nur die Haut, sondern den gesamten Körper und die Psyche betrifft.
- Dermatologie: Diagnose, Wundmanagement und Entwicklung von Behandlungsstrategien.
- Ernährungsberatung: Sicherstellung einer ausreichenden Nährstoffzufuhr trotz möglicher Schluckbeschwerden.
- Physiotherapie: Erhalt der Beweglichkeit und Vorbeugung von Gelenkversteifungen.
- Psychologische Unterstützung: Hilfe bei der Bewältigung von Schmerzen, Ängsten und sozialer Ausgrenzung.
Diese gebündelte Expertise an einem Ort erspart den Familien weite und beschwerliche Reisen zu unterschiedlichen Ärzten und stellt eine kontinuierliche, qualitativ hochwertige Versorgung sicher.
Hintergrund: Forschung aus Grödig
Ein wichtiger Baustein für den Erfolg in Salzburg ist die enge Verbindung zur Forschung. Wissenschaftler, unter anderem aus Grödig, arbeiten intensiv an neuen Therapien. Ein Schwerpunkt liegt auf der Gentherapie, die darauf abzielt, den zugrunde liegenden Gendefekt zu korrigieren. Auch die Entwicklung von besseren Wundauflagen und schmerzlindernden Salben ist ein zentrales Forschungsfeld, das den Alltag der Patienten direkt verbessern soll.
Die täglichen Herausforderungen für Familien
Der Alltag mit einem Schmetterlingskind ist ein permanenter Balanceakt. Eltern werden zu Pflegeexperten, die Wunden versorgen, Verbände anlegen und auf kleinste Anzeichen einer Infektion achten müssen. Die finanzielle Belastung durch spezielle Verbandsmaterialien, Salben und Hilfsmittel ist enorm. Viele dieser Produkte werden nicht vollständig von den Krankenkassen übernommen.
„Man lernt, in kleinen Schritten zu denken und sich über jeden schmerzfreien Moment zu freuen. Die Unterstützung durch andere betroffene Familien und das Team im EB-Haus ist dabei von unschätzbarem Wert.“
Soziale und psychische Belastungen
Neben den körperlichen und finanziellen Sorgen wiegen die psychischen Belastungen schwer. Die ständige Sorge um das Kind, die sichtbaren Wunden und die Reaktionen der Außenwelt können zu sozialer Isolation führen. Viele Eltern fühlen sich überfordert und allein gelassen. Organisationen wie DEBRA Austria bieten hier eine wichtige Anlaufstelle, vermitteln Kontakte und leisten Aufklärungsarbeit in der Öffentlichkeit.
Für die Kinder selbst ist es oft schwierig, ein normales soziales Leben zu führen. Kindergarten und Schule erfordern spezielle Vorkehrungen und viel Aufklärung bei Lehrern und Mitschülern. Trotz aller Widrigkeiten zeigen viele Schmetterlingskinder eine bewundernswerte Stärke und Lebensfreude.
Die Zukunft der Behandlung und die Rolle der Forschung
Die medizinische Forschung macht stetig Fortschritte. Während eine Heilung für Epidermolysis Bullosa noch nicht in greifbarer Nähe ist, gibt es vielversprechende Ansätze, die das Leben der Betroffenen in Zukunft deutlich verbessern könnten. Die Forschung in Salzburg und an anderen Zentren weltweit konzentriert sich auf mehrere Bereiche:
- Gentherapien: Ziel ist es, das defekte Gen in den Hautzellen zu ersetzen oder zu reparieren. Erste klinische Studien zeigen positive Ergebnisse.
- Zelltherapien: Die Transplantation von gesunden Hautzellen oder Stammzellen soll die Wundheilung verbessern und die Blasenbildung reduzieren.
- Medikamentöse Therapien: Neue Medikamente werden entwickelt, um Entzündungen zu hemmen, den Juckreiz zu lindern und die Stabilität der Haut zu erhöhen.
Die enge Verknüpfung von klinischer Versorgung und Grundlagenforschung, wie sie in Salzburg praktiziert wird, ist der Schlüssel zum Erfolg. Jede Erkenntnis aus dem Labor kann potenziell zu einer neuen Behandlungsmethode führen, die den Patienten direkt zugutekommt. Für die Familien der Schmetterlingskinder bedeutet jeder Fortschritt ein Stück mehr Hoffnung auf ein Leben mit weniger Schmerz und mehr Normalität.





