Österreichs Sozialhilfesystem steht vor einer umfassenden Reform, die bis 2027 umgesetzt werden soll. Ziel der Bundesregierung ist eine landesweite Vereinheitlichung der Leistungen. Aktuell gleicht das System einem Flickenteppich, da jedes Bundesland eigene Regelungen für Höchstsätze, Kinderzuschläge und Sanktionen anwendet. Dies führt zu erheblichen Unterschieden bei der finanziellen Unterstützung für Hilfsbedürftige.
Besonders in Salzburg gelten strenge Regeln, während andere Bundesländer wie Wien oder Kärnten unterschiedliche Ansätze verfolgen. Der folgende Überblick zeigt die aktuellen Regelungen in den einzelnen Bundesländern und verdeutlicht, warum eine bundesweite Harmonisierung angestrebt wird.
Das Wichtigste in Kürze
- Bis 2027 plant die Bundesregierung eine Reform zur Vereinheitlichung der Sozialhilfe in Österreich.
- Derzeit existieren in den Bundesländern sehr unterschiedliche Regelungen bei Höchstsätzen und Kinderzuschlägen.
- In Salzburg gelten strenge Sanktionen bei Pflichtverletzungen, die bis zum vollständigen Entzug der Leistung führen können.
- Die Höhe der Zuschläge für Kinder variiert stark: Einige Länder zahlen pro Kind gleich viel, andere staffeln die Beträge.
Bundesweite Vorgaben und ihre Grenzen
Das im Jahr 2019 beschlossene Sozialhilfe-Grundsatzgesetz (SH-GG) bildet den rechtlichen Rahmen für die Sozialleistungen in Österreich. Anstatt verbindlicher Mindeststandards legt das Gesetz jedoch nur Höchstsätze fest, die von den Bundesländern nicht überschritten werden dürfen. Diese Obergrenzen geben den Ländern Spielraum für eigene Ausgestaltungen.
Für das Jahr 2025 sind folgende Maximalbeträge vorgesehen:
- Alleinstehende und Alleinerziehende: maximal 1.209 Euro pro Monat.
- Paare: maximal 1.693 Euro pro Monat.
Für weitere volljährige Personen in einem Haushalt (Bedarfsgemeinschaft) gelten reduzierte Sätze. Zur Deckung der Wohnkosten kann ein Zuschlag von bis zu 30 Prozent gewährt werden. Die Umsetzung dieser Vorgaben variiert jedoch stark, da einige Bundesländer wie Tirol noch am alten Mindestsicherungssystem festhalten.
Statistik zur Sozialhilfe 2023
Laut Angaben des Sozialministeriums betrug die durchschnittliche Leistung pro Bedarfsgemeinschaft im Jahr 2023 monatlich 802 Euro. Die Spannweite reichte von 921 Euro in Vorarlberg bis zu 671 Euro im Burgenland.
Unterschiedliche Regelungen für Kinder
Ein zentraler Punkt der unterschiedlichen Regelungen betrifft die Geldleistungen für Kinder. Nachdem der Verfassungsgerichtshof 2019 die ursprünglich geplante degressive Staffelung (abnehmende Beträge pro weiterem Kind) aufgehoben hatte, können die Bundesländer die Höhe der Kinderzuschläge selbst festlegen.
Dies hat zu zwei unterschiedlichen Modellen geführt:
- Gleicher Betrag pro Kind: Wien, Salzburg, Kärnten und das Burgenland zahlen für jedes Kind den gleichen Zuschlag, unabhängig von der Familiengröße.
- Gestaffelte Beträge: In den übrigen Bundesländern sinkt der Betrag pro Kind, je mehr Kinder in einem Haushalt leben.
Die Regelungen in Salzburg im Detail
Salzburg orientiert sich bei den allgemeinen Höchstsätzen an den Vorgaben des Bundes. Für Kinder wird ein einheitlicher Betrag von 302 Euro pro Monat ohne Staffelung gezahlt. Das Land nutzt seinen Spielraum jedoch für die Anwendung besonders strenger Sanktionen bei Pflichtverletzungen.
Was gilt als Pflichtverletzung?
Als Pflichtverletzung wird in Salzburg unter anderem gewertet, wenn Bezieher eine zumutbare Arbeit ablehnen, nicht an Maßnahmen des Arbeitsmarktservice teilnehmen oder eine Ausbildung nicht zielstrebig verfolgen.
Bei Verstößen werden die Leistungen für den Lebensunterhalt schrittweise gekürzt. Laut Auskunft aus dem Büro von Landeshauptfrau-Stellvertreterin Marlene Svazek (FPÖ) sieht das Sanktionsmodell wie folgt aus:
- Erster Verstoß: Kürzung auf 70 Prozent.
- Zweiter Verstoß: Kürzung auf 50 Prozent.
- Vierter Verstoß: Vollständige Streichung der Leistung.
Damit verfolgt Salzburg einen der restriktivsten Kurse im Bundesländervergleich, um die Bezieher zur aktiven Mitwirkung am Arbeitsmarkt zu motivieren.
Ein Blick in die anderen Bundesländer
Die Unterschiede in der Ausgestaltung der Sozialhilfe werden im direkten Vergleich der Bundesländer besonders deutlich. Jedes Land hat eigene Schwerpunkte und Regelungen entwickelt.
Wien: Hohe Kinderzuschläge, aber geplante Kürzungen
Wien zahlt mit 326 Euro pro Kind den höchsten nicht gestaffelten Zuschlag. Ab 2026 sind jedoch Änderungen geplant. So sollen bei Familien mit Mietbeihilfe Teile davon auch für Kinder abgezogen werden, was laut Berechnungen für eine Familie mit fünf Kindern einen Verlust von rund 400 Euro pro Monat bedeuten könnte. Zudem sollen Wohngemeinschaften (WGs) zukünftig wie Familien behandelt werden, was die Leistung für Einzelpersonen senkt.
Niederösterreich und Oberösterreich: Strenge Staffelung
Beide Bundesländer wenden eine degressive Staffelung bei den Kinderzuschlägen an. Während das erste Kind noch rund 302 Euro erhält, sinkt der Betrag bei fünf oder mehr Kindern auf nur noch etwa 145 Euro pro Kind. Oberösterreich plant zudem ab 2026 eine Verschärfung der sogenannten „Bemühungspflicht“ mit sofortigen Kürzungen von 30 Prozent bei Verstößen.
Steiermark: Geplante Verschärfungen ab 2026
Auch die Steiermark plant umfassende Verschärfungen. Ein Gesetzesentwurf sieht die Einführung einer „Bemühungspflicht“ vor, die auch die Teilnahme an Sprach- und Qualifizierungskursen umfasst. Zudem sollen die Höchstsätze leicht abgesenkt und die Zahlungen für Kinder nach dem Vorbild von Ober- und Niederösterreich reduziert werden.
Tirol: Festhalten am alten System
Tirol hat das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz noch nicht vollständig umgesetzt und zahlt weiterhin die „Mindestsicherung“. Für 2026 ist eine Reform angekündigt, die eine Deckelung der Beträge für Großfamilien vorsieht. Subsidiär Schutzberechtigte sollen künftig keinen Anspruch mehr auf Mindestsicherung haben, sondern nur noch Grundversorgung erhalten.
Vorarlberg: Hohe Wohnkostenpauschale, niedrige Kinderzuschläge
Vorarlberg zahlt aufgrund einer hohen Wohnkostenpauschale von bis zu 650 Euro die höchsten Sätze für Alleinstehende (bis zu 1.375 Euro). Im Gegensatz dazu ist der Zuschlag für Kinder mit 232 Euro für das erste Kind der niedrigste im Bundesländervergleich und wird zudem stark degressiv gestaffelt.
Diese Beispiele verdeutlichen die Komplexität und die Unterschiede im aktuellen System. Die geplante Bundesreform bis 2027 soll diese Ungleichheiten beseitigen und ein einheitliches, transparentes System für ganz Österreich schaffen.





