Der Gehörlosenverband Salzburg macht mit einer Demonstration auf die seit Jahren bestehenden Barrieren für gehörlose Menschen aufmerksam. Gefordert werden ein höheres Budget für Gebärdensprachdolmetscher, finanzielle Unterstützung in der Ausbildung und mehr politisches Gehör. Die Landesregierung war bei einer Podiumsdiskussion abwesend.
Wichtige Punkte
- Der Gehörlosenverband fordert eine Aufstockung des Budgets für Dolmetscher von zwei auf mindestens fünf Vollzeitstellen.
- Die Kosten für einen Führerschein können für Gehörlose durch Dolmetscherleistungen um bis zu 14.000 Euro steigen.
- Vertreter der Salzburger Landesregierung nahmen nicht an einer Podiumsdiskussion zum Thema teil.
- Der Verband kritisiert fehlende Frühförderung für gehörlose Kinder und unzureichende Ausbildungsmöglichkeiten für Dolmetscher.
Ein langer Kampf um Gleichberechtigung
Seit mehr als zwei Jahrzehnten setzt sich der Gehörlosenverband Salzburg für die Rechte und die Inklusion von rund 600 gehörlosen Menschen im Bundesland ein. Am Freitag findet in der Stadt Salzburg eine Demonstration statt, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen. Der Protestzug startet um 10 Uhr am Hauptbahnhof und endet am Chiemseehof, wo ein Forderungskatalog an Vertreter von Stadt und Land übergeben wird.
Reinhard Aichhorn, der selbst gehörlose Geschäftsführer des Verbandes, erklärt, dass die Barrieren in wesentlichen Lebensbereichen nach wie vor enorm seien. Trotz langjähriger Bemühungen habe man bei den Landesregierungen – der aktuellen wie auch den vorherigen – kaum Fortschritte erzielt.
Hintergrund der Demonstration
Die Demonstration ist der Höhepunkt einer Reihe von Aktionen, mit denen der Verband auf die prekäre Lage aufmerksam macht. Ziel ist es, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und den politischen Druck zu erhöhen, um konkrete Verbesserungen in den Bereichen Budget, Bildung und Mobilität zu erreichen.
Finanzielle Hürden im Alltag
Eine der zentralen Forderungen betrifft die Finanzierung von Gebärdensprachdolmetschern. „Wir verfügen derzeit über zwei geförderte Vollzeitäquivalente, bräuchten aber mindestens fünf“, so Aichhorn. Dieser Mangel wirkt sich direkt auf den Alltag gehörloser Menschen aus, insbesondere bei Bildung und Mobilität.
Extrem hohe Kosten für den Führerschein
Ein besonders drastisches Beispiel sind die Kosten für den Führerscheinerwerb. Zusätzlich zu den regulären Fahrschulgebühren müssen gehörlose Personen die Kosten für Dolmetscher selbst tragen. Diese können sich auf 12.000 bis 14.000 Euro belaufen.
„Das sind Summen, die nicht einfach so stemmbar sind. Vor allem für etwas, was eigentlich allen Menschen zugänglich sein sollte“, betont Reinhard Aichhorn.
Auch in der Erwachsenenbildung bestehen große Hindernisse. Viele Bildungsinstitute stellen keine Dolmetscher zur Verfügung, was dazu führt, dass Gehörlose von Kursen ausgeschlossen werden. Dies widerspricht laut Aichhorn dem Chancengleichheitsgesetz, das Barrierefreiheit in der Bildung vorschreibt.
Fakten zur Situation in Salzburg
- 600: Ungefähre Anzahl gehörloser Menschen im Bundesland Salzburg.
- 2 Vollzeitstellen: Aktuelle Förderleistung für Dolmetscher.
- 5 Vollzeitstellen: Mindestbedarf laut Gehörlosenverband.
- 14.000 €: Mögliche Zusatzkosten für einen Führerschein.
Mängel in Ausbildung und Frühförderung
Ein weiteres Problem ist der Mangel an qualifizierten Gebärdensprachdolmetschern in Salzburg. Derzeit gibt es nur einen berufsbegleitenden Universitätslehrgang, der bereits fortgeschrittene Sprachkenntnisse (B2-Niveau) voraussetzt. Eine Ausbildung, die bei null beginnt, wie sie in anderen Bundesländern existiert, fehlt.
„Obwohl der Lehrgang gut besucht ist, gab es in den letzten zehn Jahren nur zwei Absolventen aus Salzburg“, kritisiert Aichhorn. Dies verschärft den ohnehin schon bestehenden Mangel an Fachkräften.
Frühe Unterstützung für Kinder ist entscheidend
Besonders wichtig ist dem Verband die Frühförderung. Es fehle ein durchgehendes Angebot von der Geburt bis zum Kindergartenalter, das sowohl gehörlosen Kindern als auch ihren hörenden Eltern den Erwerb der Gebärdensprache ermöglicht.
Aichhorn weist darauf hin, dass hörende Kinder in der Schule Fremdsprachen lernen, während bei gehörlosen Kindern der Fokus oft einseitig auf der Lautsprache liege. „Auch wenn zum Beispiel Cochlea-Implantate möglich sind – ohne diese hört man weiterhin nichts und man sollte sich trotzdem verständigen können“, gibt er zu bedenken.
Politik zeigt wenig Präsenz
Die Frustration des Verbandes wird durch die Reaktion der Landespolitik verstärkt. Zu einer Podiumsdiskussion am Donnerstag wurden bereits im Juni die zuständigen Regierungsmitglieder eingeladen, darunter Soziallandesrätin Marlene Svazek und Landesrat Martin Zauner (beide FPÖ).
Laut Aichhorn gab es jedoch keine Zusagen. Als Grund für die Absage wurden terminliche Schwierigkeiten genannt. Dom Kamper, Sprecher von Landesrätin Svazek, bestätigte dies und verwies auf einen für 2025 geschlossenen Fördervertrag mit dem Verein in Höhe von 499.000 Euro. Er betonte, man nehme die Anliegen ernst, müsse aber in Zeiten angespannter Budgets verantwortungsvoll mit den Mitteln umgehen.
Im Gegensatz zur Landesregierung kündigten Vertreter der Grünen und der KPÖ Plus ihre Teilnahme als Zuhörer bei der Diskussion an. Die Stadt Salzburg hat zudem kürzlich angekündigt, Gebärdensprachkurse für Magistratsmitarbeiter anzubieten, was als positives Signal gewertet wird.
Für Reinhard Aichhorn ist klar: „Es ist unerlässlich, auf diese Probleme aufmerksam zu machen und konkrete Maßnahmen umzusetzen.“ Die Demonstration am Freitag soll diesem Ziel dienen.





