Die Steingasse in Salzburg ist mehr als nur eine Straße. Sie ist ein lebendiges Stück Stadtgeschichte, das sich abseits der Touristenpfade seinen ursprünglichen Charme bewahrt hat. Ein Spaziergang durch diese enge Gasse am rechten Salzachufer ist eine Reise in die Vergangenheit, die von mittelalterlichem Handwerk, verborgenen Winkeln und einer einzigartigen Atmosphäre erzählt.
Obwohl nur wenige Schritte von der belebten Linzer Gasse entfernt, scheint die Zeit in der Steingasse langsamer zu vergehen. Die hohen, eng aneinandergereihten Häuser, das historische Kopfsteinpflaster und die Ruhe schaffen einen besonderen Ort, der Einheimische und Kenner gleichermaßen fasziniert.
Auf einen Blick
- Die Steingasse ist eine der ältesten und historisch bedeutendsten Gassen Salzburgs.
- Ihre Geschichte reicht bis in die Römerzeit zurück, als sie Teil einer wichtigen Handelsroute war.
- Im Mittelalter war die Gasse das Zentrum der Töpfer und Hafner.
- Heute besticht sie durch ihre authentische Atmosphäre, individuelle Geschäfte und die Nähe zum Kapuzinerberg.
Eine Gasse mit römischen Wurzeln
Die Bedeutung der Steingasse reicht weit zurück. Schon zur Zeit der Römer war dieser Weg ein wichtiger Teil der Straße, die von Juvavum (dem römischen Salzburg) nach Ovilava (Wels) führte. Ihre Lage direkt am Fuße des Kapuzinerbergs, geschützt vor Hochwasser und doch nahe am Fluss, machte sie zu einem strategisch wichtigen Ort.
Im Mittelalter entwickelte sich die Steingasse zu einem pulsierenden Handwerkerviertel. Ihr Name leitet sich nicht, wie man vermuten könnte, vom Steinpflaster ab, sondern von den Steinbrüchen am Kapuzinerberg. Die Nähe zum Wasser und zum Lehmvorkommen machte sie zum idealen Standort für Töpfer und Hafner, deren Werkstätten die Gasse über Jahrhunderte prägten.
Wussten Sie schon?
Der Name „Steingasse“ wurde erstmals im 12. Jahrhundert urkundlich erwähnt. Einige der Häuser in der Gasse stammen in ihrem Kern noch aus dem Mittelalter und tragen die Spuren von Jahrhunderten der Stadtgeschichte.
Architektur, die Geschichten erzählt
Wer durch die Steingasse schlendert, dem fällt sofort die besondere Bauweise auf. Die Häuser sind hoch und schmal, oft nur durch wenige Meter voneinander getrennt. Diese dichte Bebauung war typisch für mittelalterliche Städte, wo Platz Mangelware war.
Viele Gebäude weisen noch heute historische Details auf. Achten Sie auf die alten Hauszeichen, die verzierten Portale und die kleinen, unregelmäßigen Fenster. Einige Häuser haben sogenannte „Aufzugsgiebel“, die daran erinnern, dass die oberen Stockwerke früher als Lager für Waren dienten, die mit Seilwinden hochgezogen wurden.
Verborgene Durchgänge und stille Höfe
Einer der größten Reize der Steingasse liegt im Verborgenen. Immer wieder öffnen sich schmale Durchgänge, die in ruhige Innenhöfe führen. Diese Höfe waren einst das Zentrum des täglichen Lebens und Arbeitens. Hier befanden sich Werkstätten, Brunnen und kleine Gärten. Heute sind sie Oasen der Stille, die einen Kontrast zum städtischen Treiben bilden.
Ein besonderes Merkmal sind die Verbindungen zum Kapuzinerberg. Mehrere Stiegen, darunter die bekannte Imbergstiege, führen von der Gasse direkt hinauf in die Natur. Dieser direkte Zugang macht die Steingasse zu einem einzigartigen Bindeglied zwischen urbanem Leben und naturnaher Erholung.
Das Leben in der Steingasse heute
Während die Töpfer und Hafner längst verschwunden sind, hat sich die Steingasse ihren individuellen Charakter bewahrt. Anstelle von großen Ladenketten finden sich hier kleine, inhabergeführte Geschäfte, Galerien und Ateliers. Diese Mischung verleiht der Gasse eine lebendige und kreative Atmosphäre.
Ein Refugium für Künstler und Kreative
Die besondere Stimmung und das historische Ambiente der Steingasse haben schon immer Künstler angezogen. Auch heute noch leben und arbeiten hier viele Kreative, die die Inspiration dieses Ortes schätzen. Die kleinen Galerien zeigen oft Werke lokaler Künstler und tragen zur kulturellen Vielfalt des Viertels bei.
Die Bewohner schätzen vor allem die Ruhe und die enge Gemeinschaft. Man kennt sich, man grüßt sich auf der Straße. Es ist ein Gefühl des Zusammenhalts, das in vielen Teilen der Stadt selten geworden ist. Die Gasse ist fast autofrei, was die Lebensqualität zusätzlich erhöht und sie zu einem sicheren Ort für einen entspannten Spaziergang macht.
„Hier zu wohnen ist etwas Besonderes. Man lebt mitten in der Geschichte, hat aber gleichzeitig seine Ruhe. Jeder Schritt vor die Haustür ist wie eine kleine Entdeckungsreise.“
- Eine langjährige Bewohnerin der Steingasse
Ein Spaziergang zu jeder Jahreszeit
Die Steingasse hat zu jeder Jahreszeit ihren eigenen Reiz. Im Frühling schmücken erste Blüten die Fensterbänke, im Sommer spenden die hohen Häuser angenehmen Schatten. Besonders stimmungsvoll ist die Gasse jedoch im Herbst, wenn die bunten Blätter der Bäume am Kapuzinerberg einen farblichen Kontrast zu den alten Steinmauern bilden.
Im Winter, wenn eine dünne Schneedecke das Kopfsteinpflaster bedeckt und das warme Licht aus den Fenstern scheint, wirkt die Gasse fast märchenhaft. Es ist ein Ort, der dazu einlädt, innezuhalten und die kleinen Details zu entdecken, die ihn so einzigartig machen.
Für Fotografie-Begeisterte bietet die Steingasse unzählige Motive. Das Spiel von Licht und Schatten in den engen Gängen, die historischen Fassaden und die unerwarteten Ausblicke auf die Festung Hohensalzburg oder den Kapuzinerberg machen sie zu einem lohnenden Ziel.
Die Steingasse ist ein Beweis dafür, dass sich historische Bausubstanz und modernes Leben nicht ausschließen müssen. Sie ist ein wertvolles Stück Salzburger Identität, das es zu bewahren und zu entdecken gilt – ein Ort, der seine Geschichten jedem erzählt, der bereit ist, genau hinzusehen und zuzuhören.





