Nach schweren Vorwürfen der ehemaligen Schauspielchefin Marina Davydova gegen den Intendanten der Salzburger Festspiele, Markus Hinterhäuser, hat sich nun das Kuratorium eingeschaltet. Die Leitung des Festivals fordert eine schriftliche Stellungnahme von Hinterhäuser und wird die Angelegenheit in der nächsten Sitzung am 12. Dezember behandeln.
Davydova hatte in einem Interview von aggressivem Verhalten und verbalen Ausbrüchen berichtet, was nun eine umfassende Prüfung der Vorkommnisse nach sich zieht. Die Causa wirft ein Schlaglicht auf die Führungskultur einer der weltweit renommiertesten Kulturinstitutionen.
Die wichtigsten Punkte
- Die ehemalige Schauspielchefin Marina Davydova erhebt schwere Vorwürfe gegen Intendant Markus Hinterhäuser.
- Das Kuratorium der Salzburger Festspiele hat eine schriftliche Stellungnahme von Hinterhäuser angefordert.
- Die Vorwürfe werden am 12. Dezember in der Kuratoriumssitzung behandelt.
- Politische Vertreter wie Bürgermeister Auinger und Landeshauptfrau Edtstadler nehmen die Situation ernst.
- Die Nachfolge für die Schauspielintendanz ist ausgeschrieben, wobei "wertschätzende Kommunikation" explizit gefordert wird.
Kritik aus dem Exil löst Debatte aus
Die öffentliche Debatte wurde durch ein Interview ausgelöst, das Marina Davydova dem russischen Exilmedium „Meduza.io“ gab. Darin beschrieb sie einen Vorfall, bei dem Intendant Markus Hinterhäuser sie angeschrien haben soll. Ihre Äußerungen haben nicht nur in der Kulturszene, sondern auch in der Politik für erhebliches Aufsehen gesorgt.
Davydova, die ihre Position bei den Festspielen nach kurzer Zeit wieder verließ, äußerte sich schockiert über den Umgangston. „Ich hätte nicht daran geglaubt, dass ich 2024 im Zentrum Europas und nach allen MeToo-Wellen einen Intendanten treffe, der eine Frau anschreit“, so Davydova in dem auf Russisch geführten Gespräch. Sie sprach zudem von vermuteten psychischen Problemen bei Hinterhäuser.
Kuratorium fordert Aufklärung
Das Kuratorium der Salzburger Festspiele, das Aufsichtsgremium der Institution, reagierte umgehend auf die mediale Berichterstattung. Die Vorsitzende des Kuratoriums, Sektionschefin Theresia Niedermüller, erklärte, dass die Angelegenheit nun offiziell auf der Tagesordnung stehe.
Obwohl die Causa Davydova mit einem außergerichtlichen Vergleich eigentlich als abgeschlossen galt, machen die neuen, öffentlichen Aussagen eine Neubewertung notwendig. Niedermüller betonte die grundsätzliche Erwartungshaltung des Gremiums:
„Dass wir in allen Institutionen einen wertschätzenden Umgang mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwarten, daran hat sich nichts geändert.“
Aus diesem Grund wurde Markus Hinterhäuser aufgefordert, eine schriftliche Stellungnahme zu den Vorwürfen abzugeben. Diese wird die Grundlage für die Beratungen in der kommenden Sitzung am 12. Dezember bilden.
Die Rolle des Kuratoriums
Das Kuratorium der Salzburger Festspiele ist das zentrale Aufsichtsorgan. Es besteht aus Vertretern des Bundes, des Landes Salzburg, der Stadt Salzburg, des Tourismusförderungsfonds und der Freunde der Salzburger Festspiele. Zu seinen Aufgaben gehören die Genehmigung des Budgets, die Bestellung der Direktion und die Überwachung der Geschäftsführung. Bei schwerwiegenden Vorwürfen gegen die Leitung ist das Kuratorium die entscheidende Instanz.
Politik nimmt Vorwürfe ernst
Auch von politischer Seite wird die Angelegenheit mit großem Ernst verfolgt. Der Bürgermeister der Stadt Salzburg, Bernhard Auinger (SPÖ), der ebenfalls Mitglied des Kuratoriums ist, sagte: „Ich nehme die Vorwürfe ernst.“ Er betonte, dass Hinterhäuser sich erklären müsse, man ihm aber auch die Möglichkeit zur Rechtfertigung geben müsse.
Ähnlich äußerte sich das Büro von Salzburgs Landeshauptfrau Karoline Edtstadler (ÖVP). Man nehme solche Vorwürfe ernst und werde die Situation umfassend beurteilen. Eine zentrale Frage für das teilweise neu zusammengesetzte Kuratorium wird sein, ob es sich bei dem von Davydova geschilderten Verhalten um einen Einzelfall oder um ein wiederkehrendes Muster handelt.
Vertragsverlängerung mit Klausel
Der Vertrag von Intendant Markus Hinterhäuser wurde erst im April 2024 bis zum Jahr 2031 verlängert. Allerdings enthält der Vertrag eine beiderseitige Auflösungsmöglichkeit, die mit 30. September 2029 wirksam werden könnte. Diese Klausel könnte in den kommenden Diskussionen eine Rolle spielen.
Neuausschreibung der Schauspiel-Leitung mit klaren Vorgaben
Die Position der Schauspielleitung bei den Festspielen ist seit dem Abgang von Davydova vakant. In ihrem Interview wies sie auch auf diesen Umstand hin. Das Kuratorium hat darauf bestanden, dass die Stelle neu ausgeschrieben wird, was mittlerweile geschehen ist. Die Bewerbungsfrist für die Nachfolge endet am 14. Dezember 2024.
Interessanterweise wurde das Schauspielprogramm für das Jahr 2026 bereits von Intendant Hinterhäuser selbst geplant, bevor eine neue Leitung feststeht. Die Ausschreibung für die Position enthält Formulierungen, die im Licht der aktuellen Vorwürfe besonders relevant erscheinen.
Anforderungsprofil mit Signalwirkung
Von der neuen Schauspielleitung werden nicht nur künstlerische und wirtschaftliche Kompetenzen erwartet. Der Ausschreibungstext verlangt explizit:
- Wertschätzende, achtsame und souveräne Kommunikations- und Verhandlungskompetenzen
- Einfühlungsvermögen
- Hohe Einsatzbereitschaft
- Strategischer Weitblick
Diese Betonung auf einen respektvollen Umgangsstil kann als direkte Reaktion auf interne Diskussionen und möglicherweise auch auf die Erfahrungen mit der Causa Davydova verstanden werden. Der Dienstvertrag für die neue Leitung ist auf bis zu fünf Jahre befristet und soll „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ beginnen.
Die kommenden Wochen werden zeigen, wie die Salzburger Festspiele mit den Vorwürfen umgehen und welche Konsequenzen daraus gezogen werden. Die Sitzung des Kuratoriums am 12. Dezember wird mit Spannung erwartet und könnte entscheidend für die zukünftige Ausrichtung der Führungskultur bei einem der wichtigsten Kulturfestivals der Welt sein.





