In einem bedeutenden Rechtsstreit zwischen der Hofer-Muttergesellschaft Aldi Süd und dem Flughafen Salzburg hat das Landesgericht Salzburg eine erste wichtige Entscheidung getroffen. Die Forderung des Handelskonzerns auf Schadenersatz in Millionenhöhe wurde als nicht verjährt eingestuft, wodurch das Gerichtsverfahren nun in die nächste Phase eintreten kann.
Aldi Süd wirft dem Flughafen vor, dass durch Löschschaum verursachte Bodenverunreinigungen den Bau der neuen Konzernzentrale in Flughafennähe erheblich verteuert haben. Der Flughafen hatte argumentiert, dass mögliche Ansprüche bereits verjährt seien, konnte sich mit dieser Ansicht jedoch vor Gericht nicht durchsetzen.
Wichtige Punkte
- Das Landesgericht Salzburg hat entschieden, dass die Schadenersatzklage von Aldi Süd gegen den Flughafen nicht verjährt ist.
- Aldi Süd fordert einen Schadenersatz in Millionenhöhe wegen angeblicher Bodenverunreinigung durch Löschschaum.
- Die Verunreinigung soll die Baukosten für die neue Konzernzentrale von Aldi Süd erhöht haben.
- Dies ist eine prozessuale Entscheidung; eine inhaltliche Entscheidung über die Schuldfrage steht noch aus.
Erste Niederlage für den Flughafen im Rechtsstreit
Der Salzburger Flughafen hat in dem juristischen Konflikt mit seinem Nachbarn Aldi Süd eine erste Niederlage erlitten. Das Landesgericht Salzburg wies das Argument des Flughafens zurück, dass die Schadenersatzansprüche des Handelsriesen verjährt seien. Diese Entscheidung bedeutet, dass das Verfahren nun fortgesetzt wird und die eigentlichen Vorwürfe inhaltlich geprüft werden müssen.
Für den Flughafen ist dies ein Rückschlag, da eine Abweisung der Klage aus formalen Gründen nun nicht mehr möglich ist. Die Auseinandersetzung rückt damit einen Schritt näher an eine Klärung der zentralen Frage: Ist der Flughafen für die angebliche Kontamination verantwortlich und muss er dafür bezahlen?
Hintergrund der Millionenklage
Der Streitpunkt liegt auf einem Grundstück in unmittelbarer Nähe des Flughafens, auf dem Aldi Süd seine neue österreichische Konzernzentrale errichtet. Während der Bauarbeiten stieß das Unternehmen auf Verunreinigungen im Boden, die es auf den Einsatz von Löschschaum auf dem Flughafengelände zurückführt.
Aldi Süd argumentiert, dass diese Kontamination zu unvorhergesehenen und erheblichen Mehrkosten geführt habe. Insbesondere die Entsorgung des belasteten Erdreichs und zusätzliche Maßnahmen zur Sicherung des Bauvorhabens seien kostspielig gewesen. Die daraus resultierende Schadenersatzforderung beläuft sich auf einen Millionenbetrag.
PFAS: Die „Ewigkeits-Chemikalien“ im Löschschaum
Bei den im Löschschaum enthaltenen Substanzen handelt es sich oft um per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, kurz PFAS. Diese Chemikalien sind extrem langlebig und bauen sich in der Umwelt kaum ab, weshalb sie auch als „Ewigkeits-Chemikalien“ bezeichnet werden. Aufgrund ihrer wasser- und fettabweisenden Eigenschaften wurden sie jahrzehntelang in vielen Produkten verwendet, darunter auch in Feuerlöschschäumen, die besonders bei Flüssigkeitsbränden effektiv sind.
Die Vorwürfe der Bodenverunreinigung
Der Kernvorwurf von Aldi Süd lautet, dass über Jahre hinweg bei Übungen der Flughafenfeuerwehr oder bei Einsätzen PFAS-haltiger Löschschaum verwendet wurde. Diese Chemikalien seien anschließend ins Erdreich und möglicherweise ins Grundwasser gesickert und hätten sich auf benachbarte Grundstücke, einschließlich des Baugrunds von Aldi, ausgebreitet.
Solche Kontaminationen stellen Bauherren vor große Herausforderungen. Belastetes Aushubmaterial muss als Sondermüll deklariert und auf speziellen Deponien entsorgt werden, was mit sehr hohen Kosten verbunden ist. Laut Aldi Süd waren diese Aufwendungen im ursprünglichen Budget für den Neubau der Zentrale nicht vorgesehen.
Die Positionen der Streitparteien
Die Hofer-Muttergesellschaft vertritt einen klaren Standpunkt: Der Flughafen als mutmaßlicher Verursacher der Verschmutzung müsse für den entstandenen finanziellen Schaden aufkommen. Die Klage zielt darauf ab, die Mehrkosten, die durch die Sanierung und Entsorgung des Bodens entstanden sind, vom Flughafen zurückzufordern.
Der Flughafen Salzburg hat die Vorwürfe bisher nicht öffentlich im Detail kommentiert, verfolgte aber zunächst die Strategie, die Klage aus formaljuristischen Gründen abzuwehren. Das Hauptargument war die Verjährung der Ansprüche. Mit der aktuellen Gerichtsentscheidung ist diese Verteidigungslinie hinfällig geworden. Nun wird der Flughafen voraussichtlich inhaltlich Stellung beziehen müssen, ob und in welchem Umfang er für die Kontamination verantwortlich ist.
Ein Problem mit langer Geschichte
Flughäfen weltweit sind mit dem Problem der PFAS-Kontamination konfrontiert. Jahrzehntelang war der Einsatz dieser Löschschäume internationaler Standard für die Flugzeugbrandbekämpfung. Erst in den letzten Jahren wurde das volle Ausmaß der Umweltproblematik bekannt, was zu zahlreichen Sanierungsprojekten und Rechtsstreitigkeiten führte.
Wie geht das Verfahren weiter?
Nachdem das Gericht die Zulässigkeit der Klage bestätigt hat, beginnt nun die eigentliche inhaltliche Auseinandersetzung. In den nächsten Schritten des Verfahrens wird es voraussichtlich um komplexe Beweisfragen gehen.
Ein zentraler Punkt wird die Klärung der Kausalität sein. Aldi Süd muss nachweisen, dass:
- die festgestellte Verunreinigung tatsächlich vom Flughafengelände stammt,
- der Flughafen für die Freisetzung der Schadstoffe verantwortlich ist und
- die entstandenen Mehrkosten direkt auf diese Verunreinigung zurückzuführen sind.
Dazu werden wahrscheinlich umfangreiche Gutachten von Boden- und Umweltexperten erforderlich sein. Diese sollen klären, welche Stoffe in welcher Konzentration im Boden vorhanden sind und ob ihre chemische Signatur auf den am Flughafen verwendeten Löschschaum zurückgeführt werden kann.
Mögliche Auswirkungen des Urteils
Der Ausgang dieses Verfahrens wird nicht nur für die beiden beteiligten Unternehmen von Bedeutung sein, sondern könnte auch Signalwirkung für ähnliche Fälle in Österreich haben. Ein Urteil zugunsten von Aldi Süd könnte andere Grundstückseigentümer in der Nähe von Industrieanlagen oder Flughäfen ermutigen, ebenfalls Ansprüche geltend zu machen.
Für den Flughafen Salzburg steht viel auf dem Spiel. Neben der potenziellen Zahlung eines Millionenbetrags könnten bei einer Verurteilung auch Kosten für die Sanierung des eigenen Geländes drohen. Der Fall unterstreicht die langanhaltende Verantwortung, die Unternehmen für den Umgang mit umweltschädlichen Substanzen tragen. Ein abschließendes Urteil in der Sache wird jedoch erst in einiger Zeit erwartet.





