Am Landesgericht Salzburg hat am Mittwoch der Prozess gegen eine 28-jährige Frau begonnen, die als Jugendliche nach Syrien ausgereist war, um sich der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) anzuschließen. Die Staatsanwaltschaft wirft Maria G. die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und einer kriminellen Organisation vor. Die Frau war im März 2025 nach mehr als fünf Jahren in einem Internierungslager nach Österreich zurückgeholt worden.
Das Wichtigste im Überblick
- Eine 28-jährige Salzburgerin steht wegen Mitgliedschaft beim IS vor Gericht.
- Sie reiste 2014 im Alter von 17 Jahren nach Syrien aus.
- Die Anklage lautet auf terroristische Vereinigung und kriminelle Organisation.
- Ihre Verteidigerin kündigte ein Geständnis an; der Frau drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Der Weg nach Syrien im Alter von 17 Jahren
Der Fall von Maria G. begann im Jahr 2013, als sie zum Islam konvertierte. Laut Anklageschrift radikalisierte sie sich durch Propagandavideos des IS und fasste den Entschluss, in die vom IS kontrollierten Gebiete in Syrien zu reisen. Über Online-Chatforen lernte sie einen aus Deutschland stammenden IS-Kämpfer kennen.
Die beiden heirateten über Skype nach islamischem Ritus. Am 28. Juni 2014, im Alter von nur 17 Jahren, verließ die junge Salzburgerin Österreich und reiste über die Türkei nach Syrien ein. Dort lebte sie in verschiedenen Gebieten, die unter der Kontrolle der Terrororganisation standen.
Hintergrund: Die Anwerbung durch den IS
In den Jahren um 2014 nutzte der „Islamische Staat“ gezielt soziale Medien und Online-Plattformen, um junge Menschen aus Europa zu rekrutieren. Die Propaganda versprach ein Leben in einem utopischen Kalifat, zog aber tatsächlich Tausende in ein brutales Kriegsgebiet. Viele der Ausgereisten waren, wie die Angeklagte, zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung minderjährig.
Leben im IS-Gebiet und die Rolle der Frau
In Syrien führte Maria G. ein Leben, das vollständig vom IS bestimmt war. Nach der Scheidung von ihrem ersten Ehemann heiratete sie einen anderen IS-Kämpfer, mit dem sie zwei Söhne bekam. Die Familie wurde laut Staatsanwaltschaft direkt vom IS finanziell unterstützt und mit Lebensmitteln versorgt.
Die Anklagebehörde argumentiert, dass ihre Rolle weit über die einer passiven Ehefrau hinausging. Sie soll „durch ihre Anwesenheit ihre Ehemänner bewusst in deren Kampfmoral sowie Zugehörigkeit und Loyalität gegenüber dem IS bestärkt haben“. Damit habe sie die terroristischen Ziele der Organisation wissentlich gefördert, deren Ziel die Errichtung eines radikal-islamischen Staates war. Ihr zweiter Ehemann kam später bei Kampfhandlungen ums Leben.
Chronologie der Ereignisse
- 2013: Konversion zum Islam.
- Juni 2014: Ausreise nach Syrien im Alter von 17 Jahren.
- 2014-2019: Leben in IS-kontrollierten Gebieten, zwei Ehen, Geburt von zwei Söhnen.
- 2019: Gefangennahme nach dem Zusammenbruch des IS-Kalifats.
- Ab Sept. 2020: Unterbringung im Internierungslager Roj in Nordsyrien.
- März 2025: Rückholung nach Österreich.
Gefangenschaft und die schwierige Rückkehr
Nach dem militärischen Zusammenbruch des IS wurde Maria G. im Jahr 2019 gefangen genommen. Ab September 2020 befand sie sich gemeinsam mit ihren beiden Söhnen im Internierungslager Roj in Nordsyrien, das von kurdischen Kräften kontrolliert wird. Die Bedingungen in diesen Lagern gelten als äußerst prekär.
Ihre Familie in Österreich bemühte sich jahrelang um eine Rückholung. Das österreichische Außenministerium bot zunächst an, nur die beiden minderjährigen Kinder nach Österreich zu bringen, was die Mutter jedoch ablehnte. Ein entscheidender Wendepunkt kam im Herbst 2024, als das Bundesverwaltungsgericht die Rückholung der Mutter gemeinsam mit ihren Söhnen anordnete.
Am 1. März 2025 landete Maria G. mit ihren Kindern in Österreich. Seit ihrer Ankunft befindet sie sich auf freiem Fuß, da keine Untersuchungshaft angeordnet wurde.
Der Prozess am Landesgericht Salzburg
Der Prozess findet vor einem Schöffengericht für Jugendstrafsachen statt. Dieser Gerichtsrahmen wurde gewählt, da die Angeklagte zum Zeitpunkt der ihr zur Last gelegten Taten zwischen 17 und 22 Jahre alt war. Ihr droht eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren. Maria G. ist gerichtlich unbescholten.
Ihre Verteidigerin, Doris Hawelka, kündigte gegenüber der Austria Presse Agentur (APA) ein vollumfängliches Geständnis an. „Die Anklage basiert auf den äußerst umfangreichen Beschuldigtenvernehmungen und ist keine Überraschung“, so Hawelka. Die Angeklagte bestreitet laut Staatsanwaltschaft jedoch, bei ihrer Ausreise von der Einstufung des IS als Terrororganisation gewusst zu haben.
„Sie ist sich jedoch bewusst, dass die Ausreise nach Syrien der größte Fehler ihres Lebens war. Sie hat in einer gewissen Weise auch den Preis dafür bezahlt.“
Die Anwältin betonte, dass die mehr als fünf Jahre im Internierungslager eine schwere Zeit für ihre Mandantin waren. „Im Vergleich mit dem Camp ist jede Haftanstalt in Österreich ein 5-Sterne-Hotel“, erklärte die Strafverteidigerin. Seit ihrer Rückkehr habe Maria G. „alles getan, um gute Voraussetzungen für ihr weiteres Leben zu schaffen“. Details zu diesen Schritten, wie etwa eine mögliche Teilnahme an Deradikalisierungsprogrammen, wurden vor Prozessbeginn nicht genannt.
Ein Urteil in einem ähnlichen Fall könnte als Orientierung dienen: Eine ebenfalls aus Syrien zurückgeholte Frau aus Wien wurde im April zu einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.





