Die Salzburger Stadtpolitik hat mit einer Mehrheitsentscheidung den Weg für eine umstrittene Erweiterung des Festspielbezirks geebnet. Geplant ist ein neuer Zufahrtstunnel durch den Mönchsberg, der direkt aus dem Neutor abzweigen soll. Kritiker warnen vor explodierenden Kosten und einer Gefährdung des UNESCO-Weltkulturerbes.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Salzburger Gemeinderat hat die notwendige Widmungsänderung für den Bau eines Lkw-Tunnels im Mönchsberg beschlossen.
- SPÖ, Bürgerliste, Neos, ÖVP und FPÖ stimmten für das Vorhaben, während KPÖ plus und Liste SALZ dagegen waren.
- Die Kosten für das Gesamtprojekt werden auf über eine halbe Milliarde Euro geschätzt.
- Experten äußern erhebliche Bedenken hinsichtlich der Verträglichkeit mit dem UNESCO-Weltkulturerbe-Status der Stadt.
Ein Tunnel spaltet die Politik
Die Pläne zur Erweiterung des Salzburger Festspielbezirks haben eine entscheidende Hürde genommen. In einer Sitzung des Gemeinderats wurde die Änderung des Flächenwidmungsplans mehrheitlich angenommen. Diese Entscheidung ist die Voraussetzung für eines der ambitioniertesten und gleichzeitig umstrittensten Bauvorhaben der jüngeren Stadtgeschichte.
Im Zentrum des Projekts steht ein neuer, Lkw-tauglicher Tunnel, der mitten im Neutor aus dem Mönchsberg gebrochen werden soll. Er soll eine direkte unterirdische Zufahrt zu den Festspielhäusern ermöglichen, um den An- und Abtransport von Bühnenbildern zu erleichtern.
Kritik an "teuerster Lkw-Garage Salzburgs"
Die Opposition im Gemeinderat übt scharfe Kritik an dem Vorhaben. Vor allem die KPÖ plus lehnt das Projekt in seiner jetzigen Form entschieden ab. Gemeinderätin Sara Sturany bezeichnete den geplanten Bau als die "teuerste Lkw-Garage Salzburgs".
"Es mag für den Anblick der Hofstallgasse hübscher sein, wenn keine Lastwägen oder Fernseh-Übertragungswagen herumstehen. Aber in Zeiten knapper Budgets kann man eine Aushöhlung, die Hunderte Millionen kostet, nicht rechtfertigen", erklärte Sturany.
Sie räumte zwar ein, dass Teile des Projekts, wie die Sanierung der Werkstätten, sinnvoll seien. Die riesige unterirdische Garage und der Tunnel seien jedoch eine "Fehlentwicklung", die erhebliche Verkehrsprobleme im Neutor verursachen werde.
Projektumfang im Detail
- Zufahrtstunnel: Ein neuer Lkw-tauglicher Tunnel mit Abzweigung im Neutor.
- Umkehrplatz: Eine unterirdische Wendemöglichkeit für große Fahrzeuge im Berg.
- Kavernen: Zusätzliche Hohlräume hinter den Festspielhäusern für Logistik und Lager.
- Felsabtrag: Ein Teil des Felsens beim Werkstättengebäude soll entfernt werden.
Kostenexplosion befürchtet
Ein zentraler Kritikpunkt sind die Finanzen. Laut Angaben der KPÖ plus liegen die geschätzten Kosten für das Gesamtprojekt bereits bei über einer halben Milliarde Euro. Es wird befürchtet, dass diese Summe im Laufe der Bauarbeiten weiter ansteigen könnte.
Diese enorme Investition wird von den Gegnern als unverhältnismäßig angesehen, insbesondere da die Stadt vor großen finanziellen Herausforderungen steht.
Sorge um das Weltkulturerbe
Neben den politischen und finanziellen Bedenken rückt zunehmend der Status Salzburgs als UNESCO-Weltkulturerbe in den Fokus. Das Projekt greift tief in die Substanz des Mönchsbergs ein, einem zentralen Element der historischen Stadtlandschaft.
Kurt Luger, Inhaber eines UNESCO-Lehrstuhls, hat bereits eine negative Stellungnahme zu den Plänen abgegeben. Er setzt sich für den Erhalt des geschützten Kulturguts ein und hat seine Bedenken direkt an die Welterbezentrale in Paris weitergeleitet.
UNESCO-Mission im November
Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Für November ist eine Mission der UNESCO in Salzburg geplant. Der geplante Tunnel im Mönchsberg wird dabei ein zentraler Punkt der Begutachtung sein. Die Entscheidung der internationalen Experten könnte maßgeblichen Einfluss auf die Realisierbarkeit des Projekts haben.
Auch innerhalb der befürwortenden Parteien nimmt man die Sorgen ernst. Markus Grüner-Musil von der Bürgerliste betonte, dass ein sorgsamer Umgang mit dem Welterbe außer Frage stehe.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob das milliardenschwere Vorhaben die Bedenken der Kritiker und die strengen Auflagen des Welterbeschutzes überwinden kann. Die Debatte um die Zukunft des Festspielbezirks und den Umgang mit Salzburgs historischem Erbe ist damit noch lange nicht beendet.





