In Salzburg-Aigen steht ein beliebtes Erdbeerfeld vor einer unsicheren Zukunft. Ein Entwurf des neuen Räumlichen Entwicklungskonzepts (REK) der Stadt sieht vor, die landwirtschaftlich genutzte Fläche für den Bau von geförderten Mietwohnungen zu widmen. Dieses Vorhaben sorgt für erhebliche Unruhe bei Anrainern und dem betreibenden Landwirtschaftsbetrieb.
Die betroffene Fläche, die derzeit von der Familie Lehner für den Anbau von Erdbeeren gepachtet ist, könnte bald das Zentrum einer intensiven Debatte über Stadtentwicklung, leistbaren Wohnraum und den Erhalt von Grünflächen werden. Ende Oktober soll der Plan der Öffentlichkeit vorgestellt werden, was die Diskussion weiter anheizen dürfte.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Erdbeerfeld im Salzburger Stadtteil Aigen ist als potenzielle Fläche für Wohnbau vorgesehen.
- Das neue Räumliche Entwicklungskonzept (REK) der Stadt Salzburg befindet sich in der finalen Phase.
- Geplant ist die Errichtung von geförderten Mietwohnungen, um dem Wohnungsmangel entgegenzuwirken.
- Anrainer und der Pächter des Feldes äußern Bedenken gegen die Umwidmung der Grünfläche.
- Die offizielle Präsentation des REK für die Öffentlichkeit ist für Ende Oktober geplant.
Salzburgs Suche nach Bauland für leistbares Wohnen
Die Stadt Salzburg steht seit Jahren vor der Herausforderung, ausreichend bezahlbaren Wohnraum für ihre Bürger zu schaffen. Die Immobilienpreise und Mieten gehören zu den höchsten in Österreich, was den Druck auf die Stadtplanung erhöht, neue Flächen für den geförderten Wohnbau zu erschließen. In diesem angespannten Umfeld gewinnen innerstädtische Flächen, die bisher anders genutzt wurden, an strategischer Bedeutung.
Das Räumliche Entwicklungskonzept, kurz REK, ist das zentrale Steuerungsinstrument der Stadt, um die städtebauliche Entwicklung für die nächsten Jahre festzulegen. Es definiert, wo künftig gewohnt, gearbeitet oder entspannt werden soll. Die aktuelle Überarbeitung zielt insbesondere darauf ab, Potenziale für den Wohnungsbau zu identifizieren.
Was ist das Räumliche Entwicklungskonzept (REK)?
Das REK ist ein übergeordneter Plan für die gesamte Stadtgemeinde. Er legt die langfristigen Ziele der räumlichen Entwicklung fest und dient als Grundlage für alle nachfolgenden Flächenwidmungs- und Bebauungspläne. Das Ziel ist eine geordnete und nachhaltige Stadtentwicklung, die soziale, ökologische und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt. Die Ausweisung neuer Wohnbauflächen ist eine seiner Kernaufgaben.
Ein Erdbeerfeld im Fokus der Stadtplanung
Das konkret betroffene Grundstück in Aigen ist ein Symbol für den Konflikt zwischen urbaner Verdichtung und dem Erhalt von Freiflächen. Seit vielen Jahren pachtet die Familie Lehner das Feld und betreibt dort ein beliebtes „Erdbeerland“, wo Salzburger ihre Früchte selbst ernten können. Für viele Anwohner ist das Feld nicht nur eine landwirtschaftliche Nutzfläche, sondern auch ein wichtiger Teil des lokalen Charakters und ein sozialer Treffpunkt.
Die Nachricht, dass diese Grünfläche nun Wohnblöcken weichen könnte, hat bei den Anrainern für Unmut gesorgt. Sie befürchten nicht nur den Verlust einer wichtigen Freifläche, sondern auch eine Zunahme des Verkehrs und eine Veränderung des gesamten Stadtteils. Die Debatte dreht sich um die Frage, ob der Bedarf an Wohnraum den Verlust einer etablierten landwirtschaftlichen Kulturfläche rechtfertigt.
Zahlen zum Wohnungsmarkt Salzburg
- Wohnungsbedarf: Laut Schätzungen werden in der Stadt Salzburg jährlich hunderte neue Wohnungen benötigt, um die Nachfrage zu decken.
- Preisniveau: Die Miet- und Kaufpreise in Salzburg liegen deutlich über dem österreichischen Durchschnitt.
- Geförderter Wohnbau: Der Anteil an geförderten Wohnungen ist entscheidend, um Wohnen für mittlere und niedrigere Einkommensschichten leistbar zu halten.
Die Positionen im Konflikt
Die Fronten in dieser Auseinandersetzung sind klar. Auf der einen Seite steht die Stadtverwaltung, die argumentiert, dass die Schaffung von geförderten Mietwohnungen eine soziale Notwendigkeit ist. Ohne die Ausweisung neuer Flächen wie jener in Aigen sei es kaum möglich, dem steigenden Bedarf gerecht zu werden.
Stadtplanung vor schwieriger Abwägung
Für die Verantwortlichen in der Stadtplanung ist es eine schwierige Abwägungsentscheidung. Die Verdichtung nach innen gilt als Gebot der Stunde, um die Zersiedelung am Stadtrand zu vermeiden. Flächen, die bereits erschlossen sind, rücken daher automatisch in den Fokus. Die Stadt argumentiert, dass solche Projekte sorgfältig geplant werden, um die Auswirkungen auf die Umgebung so gering wie möglich zu halten.
Anrainer und Landwirte äußern Sorgen
Auf der anderen Seite stehen die Anwohner und die Familie Lehner. Sie betonen den Wert des Erdbeerfeldes als Naherholungsgebiet und als Teil der lokalen Identität. Für die Pächterfamilie geht es zudem um ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage. Der Verlust einer so zentral gelegenen Anbaufläche wäre für den Betrieb ein schwerer Schlag.
„Es geht hier nicht nur um ein Feld. Es geht um ein Stück Lebensqualität und um lokale Landwirtschaft mitten in der Stadt, die wir für immer verlieren würden“, so ein besorgter Anrainer, der anonym bleiben möchte.
Wie geht es weiter?
Die finale Entscheidung über die Zukunft des Erdbeerfeldes ist noch nicht gefallen. Der Entwurf des REK geht nun in die entscheidende Phase. Ende Oktober soll der Plan der Öffentlichkeit präsentiert und zur Diskussion gestellt werden. Im Zuge dieses Verfahrens haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, ihre Einwände und Bedenken offiziell vorzubringen.
Es wird erwartet, dass sich Bürgerinitiativen formieren, um für den Erhalt des Feldes zu kämpfen. Der Ausgang dieses Verfahrens wird wegweisend sein für den zukünftigen Umgang der Stadt Salzburg mit innerstädtischen Grünflächen. Die Entscheidung wird zeigen, welchen Stellenwert die Politik dem sozialen Wohnbau im Vergleich zum Erhalt von Freiräumen und landwirtschaftlichen Flächen beimisst.
Die kommenden Monate werden also von intensiven Debatten geprägt sein. Das Schicksal des Aigner Erdbeerlandes steht beispielhaft für eine Frage, die viele wachsende Städte in Europa beschäftigt: Wie viel Grün muss für neues Wohnen weichen?





