Seit 30 Jahren gilt in der Stadt Salzburg ein Fütterungsverbot für Stadttauben. Diese Maßnahme, die ursprünglich zur Reduzierung der Population gedacht war, hat ihr Ziel verfehlt. Tierschützer und Experten kritisieren, dass die Verordnung nicht nur wirkungslos geblieben ist, sondern auch zu erheblichem Tierleid geführt hat, ohne dass die Stadtverwaltung ihre Strategie überdacht hätte.
Wichtige Erkenntnisse
- Das vor 30 Jahren eingeführte Fütterungsverbot in Salzburg hat die Taubenpopulation nicht reduziert.
- Beobachtungen zeigen, dass viele Tauben unterernährt und krank sind, was gegen das Tierschutzgesetz verstoßen könnte.
- Die Maßnahme basierte auf einer wissenschaftlich umstrittenen These und wurde nie systematisch auf ihre Wirksamkeit überprüft.
- Experten fordern die Einführung bewährter Alternativen wie das "Augsburger Modell", das auf betreute Taubenschläge setzt.
Ein Experiment ohne wissenschaftliche Grundlage
Im Jahr 1995 führte die Stadt Salzburg ein weitreichendes Fütterungsverbot für wildlebende Haus- und Brieftauben ein. Das Ziel war klar definiert: Die Zahl der oft als "Straßentauben" bezeichneten Vögel sollte durch Nahrungsentzug verringert werden. Die Annahme dahinter war einfach: Weniger Futter führt zu weniger Nachwuchs. Heute, drei Jahrzehnte später, zeigt sich ein ernüchterndes Bild.
Kritiker bemängeln, dass diese Verordnung von Anfang an auf einer wackeligen Basis stand. Die These, dass ein Fütterungsverbot allein eine Population nachhaltig reguliert, gilt unter modernen Verhaltensbiologen als überholt. Zudem wurde die Entwicklung in Salzburg in den vergangenen 30 Jahren nie durch wissenschaftliche Studien begleitet. Stattdessen verließ man sich auf subjektive Wahrnehmungen und persönliche Einschätzungen.
Eine systematische Überprüfung der Auswirkungen auf die Gesundheit der Tiere oder die tatsächliche Populationsgröße fand nicht statt. Alternative Ansätze oder Gegenmaßnahmen zur Überprüfung der Wirksamkeit wurden kategorisch ausgeschlossen.
Hintergrund: Die Stadttaube
Stadttauben (Columba livia forma domestica) sind keine Wildtiere, sondern Nachkommen entflogener oder ausgesetzter Haus- und Brieftauben. Sie sind an den Menschen und an ein Leben in Siedlungsgebieten angepasst. Anders als Wildvögel brüten sie ganzjährig, was ihre Population ohne Regulierung schnell wachsen lässt.
Die sichtbaren Folgen des Fütterungsverbots
Ein Spaziergang durch Salzburg offenbart die Konsequenzen der langjährigen Politik. Viele Tauben zeigen deutliche Anzeichen von Mangelernährung. Ihr Zustand wird von Tierschützern als besorgniserregend beschrieben. Das Leiden der Tiere ist offensichtlich und steht im Widerspruch zu den Grundsätzen des Tierschutzgesetzes.
Entgegen der ursprünglichen Annahme hat der Nahrungsmangel die Fortpflanzung nicht gestoppt. Experten erklären, dass hungernde Tauben unter Stress geraten und als Kompensationsmechanismus sogar versuchen, durch mehr Bruten den hohen Verlust an Jungtieren auszugleichen. Die Reproduktionsdynamik hat sich also nicht verringert, sondern in manchen Fällen sogar erhöht.
Zahlen und Fakten zum Thema
- 30 Jahre: So lange ist das Fütterungsverbot in Salzburg bereits in Kraft.
- Ganzjährig: Im Gegensatz zu Wildvögeln brüten Stadttauben das ganze Jahr über.
- Ineffizient: Hohe Kosten für Taubenabwehrmaßnahmen wie Spikes und Netze fallen weiterhin an, ohne das Kernproblem zu lösen.
Andere Städte zeigen erfolgreiche Alternativen auf
Salzburg ist nicht die einzige Stadt, die mit einer großen Taubenpopulation konfrontiert ist. Zahlreiche andere Städte in Europa haben jedoch erkannt, dass reine Verbote nicht zum Ziel führen. Stattdessen setzen sie auf integrierte Konzepte, die Tierwohl und Populationskontrolle miteinander verbinden. Das bekannteste Beispiel ist das sogenannte "Augsburger Modell".
Das Augsburger Modell im Detail
Dieses Konzept basiert auf der Einrichtung von betreuten Taubenschlägen an zentralen Orten in der Stadt. Die Vögel werden dort artgerecht gefüttert und mit frischem Wasser versorgt. Dies hat mehrere Vorteile:
- Gesundheitskontrolle: Kranke Tiere können schnell erkannt und behandelt werden, was die Ausbreitung von Krankheiten verhindert.
- Sauberkeit: Die Tauben verbringen einen Großteil ihrer Zeit im Schlag, wodurch ihre Exkremente gezielt dort anfallen und nicht auf Fassaden und Plätzen.
- Populationskontrolle: Der entscheidende Punkt ist der Austausch der Eier. Die gelegten Eier werden aus den Nestern entfernt und durch Gipseier ersetzt. Die Tauben brüten weiter, ohne dass Nachwuchs schlüpft. Dies ist eine tierschutzkonforme und äußerst effektive Methode zur Geburtenkontrolle.
Städte wie Augsburg, Aachen oder Basel haben mit diesem Modell nachweislich positive Erfahrungen gemacht. Die Populationen konnten stabilisiert oder reduziert, das Stadtbild sauberer und das Tierleid beendet werden.
Kritik an der Stadtverwaltung wächst
Trotz der offensichtlichen Misserfolge und der Verfügbarkeit von bewährten Alternativen hält die Salzburger Stadtverwaltung an ihrer 30 Jahre alten Verordnung fest. Kritiker werfen den Verantwortlichen vor, die Augen vor der Realität zu verschließen und an einer veralteten Ideologie festzuhalten. Die fortwährenden Investitionen in ineffiziente Abwehrmaßnahmen wie Netze und Spikes werden als Verschwendung von Steuergeldern angesehen, die das Problem nicht an der Wurzel packen.
"Das Versagen ist messbar, z. B. bei den fortwährenden Investitionen in die ineffiziente Taubenabwehr. Doch die Einsichten in den Stadtverwaltungen sind äußerst eingeschränkt in der Selbstreflexion und für effektive und bestätigte Modelle, wie das Augsburger Modell, auch ausgrenzend", heißt es in einem kritischen Beitrag von Tierschützer Hans Lutsch.
Um dem Druck auf die Politik zu erhöhen, wurde eine Online-Petition ins Leben gerufen. Unter dem Titel "Taubenleid in der Stadt Salzburg: Stoppen Sie die Tierquälerei!" werden Unterschriften für ein Umdenken in der städtischen Taubenpolitik gesammelt. Die Forderung ist klar: Ein Ende des gescheiterten Experiments und die Einführung eines modernen, tierschutzgerechten Managements nach dem Vorbild anderer europäischer Städte.





