Im Bundesland Salzburg wurden in den vergangenen Jahren erhebliche Summen an Bundesfördermitteln für die Kinderbetreuung nicht beansprucht. Allein im Kindergartenjahr 2022/23 blieben rund 2,7 Millionen Euro ungenutzt. Besonders in den Bereichen längere Öffnungszeiten und Personalaufstockung wurde kein einziger Euro beantragt, obwohl der Bedarf in der Bevölkerung groß ist.
Das Wichtigste in Kürze
- Salzburg hat in den letzten beiden Kindergartenjahren nur rund drei Viertel der zustehenden Bundesförderungen für Kinderbetreuung abgerufen.
- Keine Mittel wurden für die Verbesserung der Öffnungszeiten oder für zusätzliches Personal beantragt, Bereiche mit hohem Bedarf.
- Die zuständige Landesrätin Marlene Svazek (FPÖ) sieht die Verantwortung bei den Gemeinden, während diese auf bürokratische und finanzielle Hürden verweisen.
- Oppositionsparteien wie Grüne und KPÖ Plus kritisieren die Landesregierung scharf und fordern eine lückenlose Aufklärung.
Zahlen belegen ungenutztes Potenzial
Der Bund stellt jährlich 200 Millionen Euro für die Kinderbetreuung in ganz Österreich zur Verfügung. Davon sind etwa 6,4 Prozent für das Bundesland Salzburg vorgesehen. Dies entsprach im Kindergartenjahr 2022/23 einer Summe von rund 12,7 Millionen Euro.
Tatsächlich abgerufen wurden jedoch nur 10,03 Millionen Euro. Das bedeutet, dass 78,8 Prozent der möglichen Summe genutzt wurden, während mehr als ein Fünftel der Gelder im Fördertopf verblieb. Im darauffolgenden Jahr sank die Ausschöpfungsquote weiter auf 74,4 Prozent.
Förderlücke im Detail
Besonders auffällig ist die Diskrepanz in spezifischen Bereichen. Sowohl bei den Mitteln für den Ausbau von Betreuungsplätzen als auch bei der Sprachförderung wurde in beiden Jahren mehr als ein Drittel des verfügbaren Budgets nicht beansprucht. Für die Verbesserung der Öffnungszeiten und die Aufstockung des Personals wurden laut Bildungsministerium überhaupt keine Anträge aus Salzburg gestellt.
Politische Debatte über die Verantwortung
Die nicht abgerufenen Mittel haben eine intensive politische Debatte ausgelöst. Oppositionsparteien erheben schwere Vorwürfe gegen die zuständige Landeshauptfrau-Stellvertreterin Marlene Svazek (FPÖ).
Kritik von Grünen und KPÖ Plus
Der Bildungssprecher der Grünen, Simon Heilig-Hofbauer, kritisierte, dass gerade in Bereichen mit dringendem Aufholbedarf Gelder unangetastet blieben. Er verwies darauf, dass nur 37,5 Prozent der Kinderbetreuungseinrichtungen in Salzburg den „Vereinbarkeitsindikator für Familie und Beruf“ erfüllen, der einen Vollzeitjob beider Elternteile ermöglicht.
„Svazek muss jetzt erklären, wie viele Bundes-Millionen sie liegen lässt und warum“, forderte Natalie Hangöbl, Klubobfrau der KPÖ Plus. Ihre Partei kündigte eine parlamentarische Anfrage an, um die genauen Hintergründe zu klären.
Landesregierung sieht Gemeinden in der Pflicht
Das Büro von Marlene Svazek weist die Kritik zurück und verweist auf die Zuständigkeit der Gemeinden. „Erst wenn die Gemeinden weiteren Bedarf melden, sucht das Land um Mittel beim Bund an“, erklärte ihr Sprecher Dom Kamper. Er betonte, dass es sich bei den Förderungen nicht um ein „Geldgeschenk“ handle, da jeder Euro vom Bund auch eine Kofinanzierung durch Land und Gemeinde erfordere.
Wie funktioniert die Förderung?
Die Vergabe der Bundesmittel ist in einer sogenannten 15a-Vereinbarung geregelt. Der Bund schließt Verträge mit den Ländern ab. Die Länder sind dafür verantwortlich, die Gelder zu verwalten und an die Antragsteller – also Gemeinden und private Träger – weiterzugeben. Eine direkte Beantragung durch die Gemeinden beim Bund ist nicht möglich. Am Ende einer Förderperiode müssen nicht verbrauchte Mittel an den Bund zurückgezahlt werden.
Gemeinden kämpfen mit Hürden
Der Salzburger Gemeindeverband liefert eine weitere Perspektive auf das Problem. Geschäftsführer Martin Huber erklärte, dass die Gemeinden die Gelder nicht absichtlich ungenutzt ließen. Vielmehr scheiterten sie oft an den Rahmenbedingungen der Förderung.
Ein zentrales Problem ist die erforderliche Kofinanzierung. Viele Gemeinden können sich den an die Förderung gebundenen Ausbau schlichtweg nicht leisten. Huber bezeichnete die veröffentlichten Zahlen als „ein Signal“ und regte an, die Vergabekriterien zu evaluieren.
Es müsse analysiert werden, warum die Länder und Gemeinden zunehmend weniger auf die Fördertöpfe zugreifen. Eine Anpassung der Vergabemodalitäten sei notwendig, um sicherzustellen, dass die Mittel dort ankommen, wo sie dringend gebraucht werden: bei den Kindern und Familien in Salzburg.





