Die Stadt Salzburg steht vor einer erheblichen Herausforderung im Pflegesektor. Eine neue Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) zeigt, dass der Bedarf an Pflegeheimplätzen bis zum Jahr 2050 drastisch ansteigen wird. Demografische Veränderungen und neue Lebensmodelle machen eine langfristige und vorausschauende Planung unumgänglich.
Aktuell verfügt die Region über rund 5.000 Pflegeplätze. Diese Kapazität wird den zukünftigen Anforderungen bei Weitem nicht genügen. Die Stadtverwaltung hat daher Experten beauftragt, die Entwicklung zu analysieren und strategische Lösungen vorzubereiten.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Wifo-Studie prognostiziert einen stark steigenden Bedarf an Pflegeplätzen in Salzburg bis 2050.
- Hauptgründe sind der demografische Wandel, längere Erwerbstätigkeit und kleinere Haushaltsgrößen.
- Die Stadt Salzburg plant proaktiv, um die zukünftige Versorgung sicherzustellen und die Pflegeinfrastruktur auszubauen.
- Derzeit stehen in der Region rund 5.000 Pflegeheimplätze zur Verfügung, was zukünftig nicht ausreichen wird.
Salzburgs Pflegesystem am Wendepunkt
Die Versorgung pflegebedürftiger Menschen ist eine der zentralen gesellschaftlichen Aufgaben. In Salzburg wird diese Aufgabe in den kommenden Jahrzehnten deutlich anspruchsvoller. Um fundierte Entscheidungen treffen zu können, lud die Stadtverwaltung die renommierte Expertin Ulrike Famira-Mühlberger vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) ein.
Ihre Analyse zeichnet ein klares Bild: Die Zahl der Menschen, die auf professionelle Pflege angewiesen sind, wird kontinuierlich zunehmen. Die Stadt muss sich auf eine neue Realität einstellen, in der die bestehende Infrastruktur an ihre Grenzen stößt.
Die Zahlen hinter der Prognose
Die Berechnungen von Famira-Mühlberger basieren auf einer Reihe von Kennzahlen, die die gesellschaftliche Entwicklung widerspiegeln. Im Mittelpunkt steht die steigende Lebenserwartung. Menschen werden älter, was gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit erhöht, im hohen Alter pflegebedürftig zu werden.
Österreichweit wird die Zahl der Pflegegeldbezieher laut Wifo-Prognosen stark ansteigen. Salzburg bildet hier keine Ausnahme. Die Prognose reicht bis ins Jahr 2050 und dient als wichtige Grundlage für politische und strategische Weichenstellungen im Sozial- und Gesundheitsbereich.
Was ist das Wifo?
Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) ist das führende Wirtschaftsforschungsinstitut des Landes. Es erstellt unabhängige Analysen und Prognosen zu wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Die Expertise des Wifo wird regelmäßig von politischen Entscheidungsträgern zur Planung und Bewertung von Maßnahmen herangezogen.
Die treibenden Kräfte der Veränderung
Der wachsende Pflegebedarf ist kein plötzliches Phänomen, sondern das Ergebnis langfristiger gesellschaftlicher Trends. Drei Faktoren sind hierbei besonders entscheidend und verstärken sich gegenseitig.
Faktor 1: Der demografische Wandel
Der offensichtlichste Grund ist die alternde Bevölkerung. Die geburtenstarken Jahrgänge, oft als „Babyboomer“ bezeichnet, erreichen nun das Rentenalter und werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vermehrt Pflegeleistungen benötigen. Dieser demografische Wandel verändert die Altersstruktur der Gesellschaft nachhaltig.
Gleichzeitig sinkt die Geburtenrate, was bedeutet, dass zukünftig weniger junge Menschen zur Verfügung stehen, um die wachsende Zahl älterer Bürger zu versorgen – sowohl im professionellen als auch im privaten Umfeld.
Faktor 2: Veränderte Arbeits- und Familienstrukturen
Früher wurde die Pflege von Angehörigen oft innerhalb der Familie geleistet. Diese traditionelle Versorgungsstruktur löst sich zunehmend auf. Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Längere Erwerbstätigkeit: Menschen arbeiten heute länger, oft bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter. Dadurch fehlt die Zeit für eine intensive Pflege von Familienmitgliedern.
- Kleinere Haushalte: Die durchschnittliche Haushaltsgröße nimmt ab. Es gibt weniger Mehrgenerationenhaushalte, in denen die Pflege auf mehrere Schultern verteilt werden kann.
- Erhöhte Mobilität: Kinder leben heute oft nicht mehr am selben Ort wie ihre Eltern, was die spontane und tägliche Unterstützung erschwert.
Diese Entwicklungen führen dazu, dass die Verantwortung für die Pflege zunehmend vom privaten in den professionellen Sektor verlagert wird.
Pflege in Österreich: Ein Blick auf die Zahlen
Laut Statistik Austria bezogen im Jahr 2023 rund 468.000 Menschen in Österreich Pflegegeld. Ein Großteil der Pflege wird nach wie vor zu Hause durch Angehörige und mobile Dienste geleistet. Der Anteil der stationären Pflege in Heimen nimmt jedoch mit steigendem Alter und höherer Pflegestufe deutlich zu.
Strategische Planung für die Zukunft
Die Stadt Salzburg erkennt die Dringlichkeit der Situation und leitet bereits erste Schritte ein. Die vorgelegte Prognose ist kein Grund zur Panik, sondern ein Aufruf zum Handeln. Die Verwaltung nutzt die Daten, um eine langfristige Strategie für den Ausbau und die Weiterentwicklung der Pflegeinfrastruktur zu entwickeln.
„Eine vorausschauende Planung ist entscheidend, um die Lebensqualität für alle Generationen in unserer Stadt zu sichern. Wir müssen jetzt die Weichen stellen, damit auch in Zukunft eine hochwertige Pflege gewährleistet ist“, betonen Vertreter der Stadt.
Die Planungen umfassen nicht nur den Neubau von Seniorenheimen, sondern auch die Stärkung alternativer Betreuungsformen. Dazu gehören der Ausbau der mobilen Pflegedienste, die Förderung von betreutem Wohnen und die Schaffung von Tagespflegezentren zur Entlastung pflegender Angehöriger.
Ein Mix aus Lösungen ist gefragt
Experten sind sich einig, dass die Zukunft der Pflege in einem intelligenten Mix aus verschiedenen Angeboten liegt. Es geht darum, für jede individuelle Situation die passende Lösung zu finden. Während einige Menschen eine vollstationäre Betreuung benötigen, kann für andere eine stundenweise Unterstützung zu Hause ausreichend sein.
Die Herausforderung für Salzburg wird darin bestehen, ein flexibles und durchlässiges System zu schaffen, das sich an die Bedürfnisse der Bürger anpasst. Dies erfordert nicht nur finanzielle Investitionen, sondern auch innovative Konzepte und gut ausgebildetes Fachpersonal. Die Sicherung des Pflegenachwuchses wird dabei zu einer der wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre.





