In Salzburg leisten rund 35.000 Menschen unbezahlte Pflegearbeit für ihre Angehörigen. Diese Aufgabe beginnt oft plötzlich und stellt Familien vor immense emotionale, organisatorische und finanzielle Hürden. Viele Betroffene sehen sich gezwungen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, was weitreichende Konsequenzen für ihr eigenes Leben hat.
Die Geschichte von Manuela Fuchshofer ist eine von vielen. Ein Anruf aus dem Krankenhaus veränderte ihr Leben schlagartig: Ihre Mutter war zum Pflegefall geworden. „Die ganze Familie ist aus allen Wolken gefallen“, beschreibt sie den Moment, der den Beginn eines völlig neuen Alltags markierte. Diese plötzliche Konfrontation mit der Pflegeverantwortung ist für Tausende in der Region Realität.
Die wichtigsten Fakten
- Rund 35.000 Menschen im Bundesland Salzburg pflegen regelmäßig ein Familienmitglied.
- Österreichweit wechseln jährlich 20.000 Personen wegen Pflegeaufgaben von Vollzeit in Teilzeit.
- Die plötzliche Notwendigkeit der Pflege stellt Familien oft unvorbereitet vor große Herausforderungen.
- Spezialisierte Plattformen und Beratungsstellen bieten Hilfe im komplexen System der Unterstützungsangebote.
Wenn die Pflege plötzlich den Alltag bestimmt
Für viele Familien ist der Eintritt eines Pflegefalls ein einschneidendes Ereignis. Es beginnt häufig mit einem unerwarteten Anruf, wie ihn Manuela Fuchshofer erhielt. Von einem Tag auf den anderen müssen weitreichende Entscheidungen getroffen werden, ohne dass Zeit für eine angemessene Vorbereitung bleibt.
Diese Situation löst nicht nur emotionalen Stress aus, sondern erfordert auch eine sofortige Neuorganisation des gesamten Familienlebens. Fragen zur medizinischen Versorgung, zur Finanzierung der Pflege und zur Anpassung des eigenen Berufslebens müssen schnell geklärt werden.
Die emotionale und organisatorische Last
Die Verantwortung für einen geliebten Menschen zu übernehmen, ist eine enorme psychische Belastung. Pflegende Angehörige berichten von Gefühlen der Überforderung, Angst und manchmal auch von sozialer Isolation. Der Spagat zwischen den eigenen Bedürfnissen, der Familie, dem Beruf und der Pflege ist eine tägliche Herausforderung.
Hinzu kommt ein hoher organisatorischer Aufwand. Termine mit Ärzten, Therapeuten und Ämtern müssen koordiniert, Medikamente besorgt und der Haushalt an die neue Situation angepasst werden. Viele fühlen sich in diesem Dschungel aus Bürokratie und Zuständigkeiten allein gelassen.
Die wirtschaftlichen Folgen der Pflege
Die Entscheidung, einen Angehörigen zu pflegen, hat oft gravierende finanzielle Konsequenzen. Die Statistik zeigt ein klares Bild: Laut aktuellen Erhebungen reduzieren in Österreich jedes Jahr rund 20.000 Menschen ihre Arbeitszeit, um die Pflege sicherzustellen. Ein Großteil davon sind Frauen.
Pflege in Zahlen
Im Bundesland Salzburg mit einer Bevölkerung von rund 570.000 Menschen bedeutet die Zahl von 35.000 pflegenden Angehörigen, dass mehr als 6 % der Gesamtbevölkerung direkt in die private Pflege involviert sind. Rechnet man die zu pflegenden Personen hinzu, ist ein noch größerer Teil der Gesellschaft betroffen.
Dieser Schritt führt zu einem sofortigen Einkommensverlust und hat langfristige Auswirkungen auf die eigene Pensionsvorsorge. Die entstehende Pensionslücke kann im Alter zu finanziellen Engpässen führen – eine späte Folge der aufopferungsvollen Pflegearbeit.
Versteckte Kosten und finanzielle Belastungen
Neben dem Einkommensentgang entstehen durch die Pflege direkte Kosten. Dazu gehören Ausgaben für:
- Pflegehilfsmittel wie spezielle Betten oder Rollstühle
- Umbauten in der Wohnung für Barrierefreiheit
- Zuzahlungen für Medikamente und Therapien
- Kosten für mobile Pflegedienste oder Tagesbetreuungseinrichtungen
Diese Ausgaben können das Haushaltsbudget erheblich belasten und Familien an ihre finanziellen Grenzen bringen.
Unterstützung im Dschungel der Angebote
Die Komplexität des österreichischen Sozial- und Gesundheitssystems macht es für Betroffene schwer, den Überblick über alle verfügbaren Hilfsangebote zu behalten. Wer hat Anspruch auf Pflegegeld? Welche Förderungen gibt es für barrierefreie Umbauten? Wo finde ich psychologische Unterstützung?
„Viele wissen gar nicht, welche Hilfen ihnen zustehen. Die Informationsflut ist riesig, aber die richtigen Anlaufstellen zu finden, ist eine große Hürde“, erklärt eine Sozialberaterin aus Salzburg.
Um diese Lücke zu schließen, wurden verschiedene Plattformen und Beratungsinitiativen ins Leben gerufen. Sie sollen als Wegweiser dienen und pflegenden Angehörigen schnell und unbürokratisch die notwendigen Informationen zur Verfügung stellen.
Wichtige Anlaufstellen in Salzburg
In Salzburg bieten Institutionen wie die Caritas Salzburg, das Hilfswerk Salzburg oder die Volkshilfe spezialisierte Beratung für pflegende Angehörige an. Auch die Pflege-Hotline des Sozialministeriums und Online-Plattformen wie pflege.gv.at bündeln wichtige Informationen zu Themen wie Pflegegeld, 24-Stunden-Betreuung und Entlastungsangeboten.
Die Bedeutung von Entlastungsangeboten
Um eine dauerhafte Überlastung der Pflegenden zu verhindern, sind gezielte Entlastungsangebote entscheidend. Dazu zählen die Kurzzeitpflege, bei der Pflegebedürftige vorübergehend in einer Einrichtung betreut werden, oder die Tagespflege, die Angehörigen tagsüber Freiräume schafft.
Diese Angebote ermöglichen es den Pflegenden, wichtige Termine wahrzunehmen, sich zu erholen oder einfach nur Zeit für sich selbst zu haben. Die Inanspruchnahme dieser Dienste ist ein wichtiger Schritt, um die eigene Gesundheit zu schützen und die Pflege langfristig bewältigen zu können.
Eine gesellschaftliche Aufgabe
Die Pflege von Angehörigen ist mehr als eine private Familienangelegenheit; sie ist eine zentrale Säule des gesamten Pflegesystems. Ohne den Einsatz der 35.000 Salzburgerinnen und Salzburger wäre die professionelle Pflegeinfrastruktur schnell überlastet.
Experten fordern daher eine stärkere Anerkennung und bessere Rahmenbedingungen für pflegende Angehörige. Dazu gehören flexible Arbeitszeitmodelle, eine bessere finanzielle Absicherung und ein einfacherer Zugang zu Unterstützungsleistungen. Die Gesellschaft muss anerkennen, dass diese unsichtbare Arbeit einen unschätzbaren Wert hat und die Menschen, die sie leisten, jede erdenkliche Hilfe verdienen.





