Zwanzig Jahre nach der verheerenden Tsunami-Katastrophe im Indischen Ozean widmet das Polizeimuseum Salzburg den Opfern und den Helfern eine Sonderausstellung. Die Schau beleuchtet die schwierige Arbeit der internationalen Identifizierungsteams, an der auch österreichische und Salzburger Beamte beteiligt waren, um den rund 230.000 Verstorbenen ihre Namen zurückzugeben.
Die Ausstellung, kuratiert vom ehemaligen Kripochef Karl-Heinz Wochermayr, zeigt die Herausforderungen und die emotionale Belastung des Einsatzes in Thailand und Sri Lanka. Sie dient als Mahnung und als Würdigung einer der größten humanitären Hilfsaktionen der jüngeren Geschichte.
Das Wichtigste in Kürze
- Veranstaltung: Sonderausstellung im Salzburger Polizeimuseum.
- Anlass: 20. Jahrestag der Tsunami-Katastrophe vom 26. Dezember 2004.
- Fokus: Die Arbeit der Disaster Victim Identification (DVI) Teams und die Rolle österreichischer Einsatzkräfte.
- Ziel: Gedenken an die rund 230.000 Opfer und die Würdigung der internationalen Helfer.
Eine Katastrophe von globalem Ausmaß
Am 26. Dezember 2004 ereignete sich vor der Küste Sumatras ein Seebeben der Stärke 9,1. Es löste eine Serie gewaltiger Flutwellen aus, die mit unvorstellbarer Kraft auf die Küsten von 14 Ländern im Indischen Ozean trafen. Indonesien, Thailand, Sri Lanka und Indien waren am schwersten betroffen.
Die Katastrophe forderte rund 230.000 Menschenleben, darunter tausende Touristen aus aller Welt. Ganze Küstenstriche wurden verwüstet, Millionen Menschen verloren ihre Existenzgrundlage. Die Weltgemeinschaft stand vor einer humanitären Herausforderung von bis dahin unbekanntem Ausmaß.
Zahlen der Tragödie
- Todesopfer: ca. 230.000
- Betroffene Länder: 14, darunter Indonesien, Thailand, Sri Lanka, Indien
- Österreichische Opfer: 86 Todesopfer, 130 Verletzte
- Stärke des Bebens: 9,1 auf der Richterskala
Die schwierige Aufgabe den Toten einen Namen zu geben
In dem Chaos nach der Flutwelle begann eine der komplexesten forensischen Operationen der Geschichte: die Identifizierung der Opfer. Internationale Teams, sogenannte Disaster Victim Identification (DVI) Units, reisten in die Krisengebiete, um den Verstorbenen ihre Identität zurückzugeben.
Diese hochspezialisierten Einheiten bestanden aus Forensikern, Zahnärzten, Kriminalbeamten und DNA-Experten. Ihre Aufgabe war es, systematisch Daten der Verstorbenen (Post-Mortem-Daten) zu sammeln und mit Informationen von Vermissten (Ante-Mortem-Daten) abzugleichen. Fingerabdrücke, zahnärztliche Unterlagen und DNA-Proben waren die wichtigsten Werkzeuge in diesem Prozess.
Ein Wettlauf gegen die Zeit
Die Arbeit fand unter extremen Bedingungen statt. Tropische Hitze, hohe Luftfeuchtigkeit und die psychische Belastung stellten die Einsatzkräfte vor enorme Herausforderungen. Die Identifizierung war nicht nur eine technische, sondern auch eine zutiefst menschliche Aufgabe. Für die Angehörigen war die Gewissheit über das Schicksal ihrer Liebsten ein entscheidender Schritt zur Trauerbewältigung.
Was ist ein DVI-Team?
Ein Disaster Victim Identification (DVI) Team ist eine international standardisierte Einheit von Spezialisten zur Identifizierung von Opfern bei Großschadensereignissen wie Naturkatastrophen, Flugzeugabstürzen oder Terroranschlägen. Ziel ist eine wissenschaftlich fundierte und rechtlich einwandfreie Identifizierung jeder einzelnen Person.
Österreichs Beitrag und Salzburger Expertise
Auch Österreich beteiligte sich an der internationalen Hilfsaktion. Das Innenministerium entsandte DVI-Experten nach Thailand und Sri Lanka. Unter ihnen waren auch Beamte aus Salzburg, die ihre Expertise in die Mammutaufgabe einbrachten. Karl-Heinz Wochermayr, damals Kriminalbeamter und heute Obmann des Polizeimuseums, war Teil dieser Mission.
"Die Aufgabe war gewaltig. Es ging darum, Ordnung ins Chaos zu bringen und den vielen namenlosen Opfern ihre Würde zurückzugeben. Jeder einzelne identifizierte Fall war ein kleiner Sieg für die Menschlichkeit und ein Trost für eine Familie irgendwo auf der Welt."
Die Ausstellung im Polizeimuseum zeigt anhand von Fotos, Dokumenten und Ausrüstungsgegenständen die Realität dieses Einsatzes. Sie erklärt die methodischen Schritte der Identifizierung und vermittelt einen Eindruck von den logistischen und emotionalen Hürden, die die Helfer überwinden mussten.
Eine Ausstellung als Ort des Gedenkens
Die neue Sonderschau wurde von Karl-Heinz Wochermayr und Ingrid Planitzer sorgfältig zusammengestellt. Sie ist mehr als nur eine historische Dokumentation. Sie ist ein Ort der Erinnerung an die Opfer, darunter 86 Österreicher, und eine Anerkennung für die oft unsichtbare, aber unverzichtbare Arbeit der Einsatzkräfte.
Die Ausstellungsmacher wollen das Bewusstsein für die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit in Krisensituationen schärfen. Der Tsunami-Einsatz hat gezeigt, wie wichtig standardisierte Verfahren und grenzüberschreitende Kooperation sind, um auf Katastrophen dieser Größenordnung reagieren zu können.
Das Polizeimuseum als Bewahrer der Geschichte
Das Salzburger Polizeimuseum in der Alpenstraße 90 ist nicht nur eine Sammlung historischer Uniformen und Ausrüstungsgegenstände. Es versteht sich als ein Ort, der die Geschichte der Polizei und ihre Rolle in der Gesellschaft dokumentiert. Die Tsunami-Ausstellung fügt sich nahtlos in dieses Konzept ein, indem sie einen außergewöhnlichen Aspekt der Polizeiarbeit beleuchtet.
Neben der neuen Sonderschau bietet das Museum auch Einblicke in andere Epochen, wie etwa die Zeit der amerikanischen Besatzung nach 1945. Karl-Heinz Wochermayr erklärt anhand von historischen Fotos und Exponaten die Entwicklung der Sicherheitskräfte in Salzburg.
Die Ausstellung zum Tsunami-Einsatz ist somit eine wichtige Ergänzung, die einen Bogen von der lokalen Polizeigeschichte zu einem globalen Ereignis schlägt, das auch Salzburg nachhaltig berührt hat. Sie ist eine Mahnung, dass die Auswirkungen solcher Katastrophen keine Grenzen kennen und Solidarität eine universelle Notwendigkeit ist.





