In Salzburg beenden jedes Jahr schätzungsweise 500 Jugendliche vorzeitig ihre Schullaufbahn. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, führt die österreichische Bundesregierung ab dem kommenden Schuljahr verpflichtende Beratungsgespräche ein. Diese „Perspektivengespräche“ sollen Schülerinnen und Schülern ab der neunten Schulstufe neue Wege aufzeigen und sie vor einem endgültigen Abbruch bewahren.
Das Wichtigste in Kürze
- Neue Regelung: Ab dem Schuljahr 2026/2027 werden verpflichtende „Perspektivengespräche“ für abbruchgefährdete Schüler eingeführt.
- Betroffene in Salzburg: Die Bildungsdirektion schätzt, dass jährlich rund 500 Jugendliche im Bundesland die Schule abbrechen.
- Ziel der Maßnahme: Die Gespräche sollen individuelle Hilfsangebote vermitteln und Alternativen zum Schulabbruch aufzeigen.
- Pflicht für Erziehungsberechtigte: Bei minderjährigen Schülern ist die Teilnahme der Eltern verpflichtend, bei Nichterscheinen drohen Strafen.
Neue Maßnahme zur Unterstützung von Jugendlichen
Die österreichische Regierung hat eine neue Initiative beschlossen, um die Zahl der Schulabbrüche zu senken. Kernstück der Maßnahme, die auf einen Vorschlag von Bildungsminister Christoph Wiederkehr (NEOS) zurückgeht, sind die sogenannten Perspektivengespräche. Diese sollen für alle Schülerinnen und Schüler ab der neunten Schulstufe verpflichtend werden, sobald sie ernsthaft in Erwägung ziehen, die Schule zu verlassen.
Das Hauptziel ist es, zu verhindern, dass junge Menschen ihre Ausbildung ohne Kenntnis aller verfügbaren Optionen beenden. „Wir müssen sicherstellen, dass junge Menschen ihre Ausbildung nicht abbrechen, ohne alle Möglichkeiten zu kennen und zu nutzen“, erklärte der Bildungsminister kürzlich. Die Maßnahme wurde im Ministerrat beschlossen und soll mit dem Schuljahr 2026/2027 in Kraft treten.
Struktur und Ablauf der Beratungen
Die Perspektivengespräche sind als strukturierte Unterstützung konzipiert. Sie sollen nicht nur zwischen dem Schüler und einer Lehrkraft des Vertrauens stattfinden. Das Konzept sieht vor, dass zusätzlich eine weitere Fachperson hinzugezogen wird.
Dabei kann es sich um folgende Experten handeln:
- Schulpsychologinnen oder Schulpsychologen
- Sozialarbeiterinnen oder Sozialarbeiter
- Andere externe oder interne Beratungspersonen
Diese multiprofessionelle Herangehensweise soll sicherstellen, dass die Jugendlichen eine umfassende Beratung erhalten, die sowohl schulische als auch persönliche Aspekte berücksichtigt. Bei minderjährigen Schülern wird die Anwesenheit der Erziehungsberechtigten zur Pflicht. Sollten diese dem Gespräch fernbleiben, können Verwaltungsstrafen verhängt werden.
Hintergrund: Ausbildungspflicht in Österreich
Seit 2017 gilt in Österreich eine Ausbildungspflicht bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Das bedeutet, dass Jugendliche nach der allgemeinen Schulpflicht (9 Schuljahre) entweder eine weiterführende Schule besuchen, eine Lehre absolvieren oder an einer anderen qualifizierenden Maßnahme teilnehmen müssen. Die neuen Perspektivengespräche zielen auf jene ab, die nach der Pflichtschulzeit ihre weiterführende Ausbildung abbrechen wollen.
Die Situation in Salzburg
Auch im Bundesland Salzburg ist Schulabbruch ein relevantes Thema. Rudolf Mair, der Salzburger Bildungsdirektor, begrüßt die Einführung der verpflichtenden Gespräche. Er sieht darin eine wichtige Chance, Jugendliche in schwierigen Lebensphasen aufzufangen und ihnen gezielt zu helfen.
„Ich halte solche Gespräche durchaus für sinnvoll. Vor allem um zu klären, warum ein Schulabbruch erwogen wird und was die Jugendlichen danach machen wollen“, so Mair in einem Gespräch.
Er betont, dass Schülerinnen und Schüler, die einen Abbruch in Erwägung ziehen, sich oft in persönlichen Krisen befinden. Ursachen können familiäre Probleme, aber auch anhaltend schlechte schulische Leistungen sein. „Bisher haben sie die Schulen einfach verlassen und waren weg. Diese aufzufangen und an Hilfsangebote weiterzuleiten, wäre ein wichtiger Schritt“, fügt Mair hinzu.
Herausforderung bei der Datenerfassung
Eine genaue Zahl der Schulabbrecher zu ermitteln, gestaltet sich laut Mair schwierig. Die Gründe für das Verlassen einer Schule werden statistisch nicht immer präzise erfasst. Ein Schulwechsel kann auch aufgrund eines Umzugs, eines Auslandsaufenthaltes oder des direkten Einstiegs ins Berufsleben erfolgen.
„Genaue Zahlen, wie viele Jugendliche in Österreich oder Salzburg tatsächlich die Schule abbrechen, wären reine Raterei“, erklärt der Bildungsdirektor. Die Schätzungen basieren auf Hochrechnungen. Man geht von bundesweit etwa 7.500 Fällen pro Jahr aus. Salzburgs Anteil daran wird auf rund sieben Prozent geschätzt, was etwa 525 Jugendlichen entspricht.
Salzburger Schüler in Zahlen
- Gesamtschülerzahl: ca. 74.000
- Schüler nach der Pflichtschule: ca. 26.000
- Geschätzte Schulabbrüche pro Jahr: ca. 500-525
Ein erfreulicher Aspekt ist laut Bildungsdirektion, dass fast alle Schüler, die eine höhere Schule besuchen, diese auch erfolgreich mit der Matura abschließen.
Zusätzliche Initiativen und Ausblick
Die Perspektivengespräche sind nicht die einzige Maßnahme, die sich mit der Thematik auseinandersetzt. Bereits im Februar 2025 hat die Salzburger Landesregierung ein Pilotprojekt beschlossen, das auf die Wiedereingliederung von Kindern und Jugendlichen mit hohem Schulabsentismus abzielt. Ein konkreter Zeitplan für die Umsetzung dieses Projekts steht jedoch noch aus.
Die Kombination aus bundesweiten Vorgaben wie den Perspektivengesprächen und regionalen Projekten soll ein engmaschiges Netz schaffen. Dieses Netz soll sicherstellen, dass kein Jugendlicher verloren geht und jeder die bestmögliche Unterstützung für seinen individuellen Bildungsweg erhält. Die neuen Gespräche sollen dabei als präventives Werkzeug dienen, um frühzeitig einzugreifen und Zukunftschancen zu sichern.





