Die geplante ÖBB-Hochleistungsstrecke zwischen Köstendorf und Salzburg steht erneut im Fokus. Neue Funde des streng geschützten Grubenlaufkäfers führen zu Kritik von Bürgerinitiativen und zwingen die ÖBB zu Planänderungen. Das Milliardenprojekt, dessen Baubeginn bereits verschoben wurde, sieht sich weiteren Verzögerungen gegenüber.
Wichtige Punkte
- Neue Grubenlaufkäfer-Funde nahe Köstendorf wurden gemeldet.
- Bürgerinitiativen kritisieren die ÖBB und Behörden wegen unzureichender Berücksichtigung des Artenschutzes.
- Die ÖBB haben Planänderungen zugesagt, darunter den Abtransport von Aushubmaterial.
- Der Baustart verschiebt sich auf frühestens 2029, die Fertigstellung auf 2044.
- Die geschätzten Investitionskosten liegen bei 4,6 Milliarden Euro.
Neues Hindernis für die ÖBB-Hochleistungsstrecke
Das größte Bahninfrastrukturprojekt im Salzburger Flachgau, die geplante Hochleistungsstrecke von Köstendorf nach Salzburg, bleibt umstritten. Die aktuellen Diskussionen drehen sich um den Schutz des Schwarzen Grubenlaufkäfers. Eine Bürgerinitiative hat weitere Vorkommen dieses seltenen Insekts gemeldet. Dies wirft neue Fragen zur Umweltverträglichkeit des Bauvorhabens auf.
Die ÖBB-Strecke ist als Entlastung für die Weststrecke und zur Verbesserung des Bahnsystems im Zentralraum gedacht. Eine Neubaustrecke von über 20 Kilometern Länge, größtenteils im Tunnel, soll Kapazitätsengpässe beseitigen. Auch die Reisezeiten sollen sich verkürzen.
Faktencheck
- Projektkosten: Aktuell auf 4,6 Milliarden Euro geschätzt.
- Streckenlänge: Über 20 Kilometer, Großteil im Tunnel.
- Geplanter Baubeginn: Frühestens 2029.
- Geplante Fertigstellung: 2044.
Grubenlaufkäfer-Funde und Kritik der Bürgerinitiativen
Die „Bürgerinitiative Bahntunnel Flachgau betroffene Bürger“ hat die Funde des Grubenlaufkäfers über mehrere Jahre dokumentiert. Die Zeitspanne reicht von 2020 bis 2025. Die Standorte der Insekten wurden in Videos auf YouTube und weiteren Datensammlungen öffentlich gemacht. Jüngste Funde gab es nahe dem geplanten Ostportal in Köstendorf.
Aus Sicht der Naturschützer bedrohen die geplanten Tunnelarbeiten den Lebensraum des Käfers. Auch großflächige Erdbewegungen und Veränderungen im Wasserhaushalt werden als Gefahr gesehen. Ein Sprecher der Initiative äußerte sich besorgt:
„Bei einem Baubeginn würden die Abflussleitungen stillgelegt und mit Schotter aufgefüllt, um Bahngeleise für den Aushub zu verlegen. Dadurch wäre einer der größten bekannten Lebensräume des Grubenlaufkäfers unmittelbar bedroht.“
Die Initiative kritisiert, dass ihre ehrenamtlich dokumentierten Funde im laufenden Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Sie betont, dass die Funde von zwei unabhängigen Bürgerinitiativen dokumentiert wurden. Daher fordern sie eine Nachbesserung der UVP. Den Behörden und Auftraggebern werfen sie parteiische Gutachten und mangelnde Artenschutz-Bemühungen vor.
Thomas Neff von der „Bürgerinitiative Bahntunnel Flachgau betroffene Bürger“ zeigte sich betroffen:
„Persönlich bin ich über die Suchergebnisse und Schlussfolgerungen zutiefst erschüttert. Nicht erst seit unserer letzten mündlichen Verhandlung zur UVP denken wir, dass die Geltendmachung unserer Rechte und rechtlichen Interessen nicht immer vollinhaltlich nachgekommen wurde.“
Reaktion der ÖBB: Schutzmaßnahmen und Planänderungen
Die ÖBB betonen, dass Artenschutz und Naturschutz wichtige Bestandteile der Projektplanung sind. Die UVP-Unterlagen wurden im Frühjahr 2024 öffentlich ausgelegt. Die öffentliche Verhandlung fand im Januar 2025 statt. ÖBB-Pressesprecher Robert Mosser erklärte gegenüber S24:
„Die ÖBB rechnen mit einem erstinstanzlichen Bescheid des Bundesministeriums für Innovation, Mobilität und Infrastruktur noch im Laufe dieses Jahres.“
Aufgrund der Kritik und neuer Befunde haben die ÖBB Änderungen zugesagt. Das erwartete Ausbruchmaterial, über drei Millionen Kubikmeter, soll nicht vor Ort gelagert werden. Stattdessen wird es vorwiegend per Bahn auf externe Deponien transportiert. Dies soll sensible Lebensräume in Köstendorf schützen.
Auch die Vortriebsmethoden und Bauverfahren werden angepasst. Ziel ist es, Eingriffe in die Umwelt zu minimieren. Die ÖBB bekräftigen ihren „Anspruch auf nachhaltige, klimafreundliche Mobilität und artenschutzkonforme Umsetzung“. Alle Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume werden im UVP-Verfahren geprüft und bewertet. Entsprechende Maßnahmen sind definiert.
Hintergrundinformation
Der Schwarze Grubenlaufkäfer (Carabus problematicus) ist eine in Mitteleuropa heimische Käferart. Er ist in vielen Regionen als gefährdet eingestuft und steht unter strengem Schutz. Sein Lebensraum sind oft feuchte Wälder und naturnahe Gebiete. Bauvorhaben in diesen Zonen können seine Populationen stark beeinträchtigen.
Verzögerungen und Kostensteigerungen des Projekts
Die umfangreichen Genehmigungsverfahren haben den ursprünglichen Zeitplan verschoben. Dazu gehört auch die naturschutzrechtliche Prüfung des Landes Salzburg, die noch nicht abgeschlossen ist. ÖBB-Sprecher Mosser erläuterte die neuen Zeitfenster:
„Der Baustart der Neubaustrecke ist derzeit frühestens für 2029 vorgesehen, die Fertigstellung wird für 2044 erwartet.“
Zuvor waren die Jahre 2026 für den Baubeginn und 2040 für die Fertigstellung genannt worden. Die ÖBB führen die Verzögerungen hauptsächlich auf den behördlichen Prüfaufwand und zusätzliche ökologische Begutachtungen zurück. Die Investitionssumme wird aktuell auf 4,6 Milliarden Euro geschätzt. Eine Kostenevaluierung des Gesamtprojektes läuft noch.
Auswirkungen auf Nah- und Fernverkehr
Die Bedeutung der neuen Bahnstrecke bleibt laut ÖBB unbestritten. Nur mit ihrer Fertigstellung kann der Nahverkehr im nördlichen Flachgau zukünftig im Viertelstundentakt verkehren. Dies wäre eine deutliche Verbesserung für Pendler und Reisende in der Region.
Auch für den nationalen und internationalen Personen- und Güterverkehr wird eine erhebliche Kapazitätssteigerung erwartet. Prognosen gehen von Fahrzeitgewinnen im Fernverkehr von etwa fünf Minuten aus. Die weitere Taktverdichtung wird derzeit noch evaluiert. Diese Verbesserungen sollen die Attraktivität des Bahnverkehrs steigern und zur Entlastung des Straßennetzes beitragen.
Konflikt zwischen Umweltschutz und Infrastrukturprojekt
Die ÖBB sehen das Projekt als wichtigen Impuls für die Zukunft. Sie verweisen auf den Austausch mit Gemeinden, Wassergenossenschaften, Bürgerinitiativen und Interessensgruppen. Dennoch bleibt der Graben zur Bürgerinitiative tief. Die Initiative kritisiert, dass ihre Einwände und biologischen Daten noch nicht ausreichend in die Entscheidungsgrundlagen eingeflossen sind.
Neben dem Grubenlaufkäfer verweisen sie auch auf den streng geschützten Rotmilan und weitere brütende Vogelarten. Ob die neuen Käferfunde das Milliardenprojekt tatsächlich stoppen können, ist weiterhin offen. Sicher ist, dass die Auseinandersetzung um Naturschutz, Anrainerschutz und Verkehrsmodernisierung in Salzburg noch einige Jahre andauern wird.
- Regionale Bedeutung: Die Strecke soll den Nahverkehr im nördlichen Flachgau aufwerten.
- Nationale Bedeutung: Kapazitätssteigerung für Personen- und Güterverkehr.
- Umweltaspekte: Schutz des Grubenlaufkäfers und weiterer Arten.
- Bürgerbeteiligung: Forderung nach stärkerer Einbindung der Bürgerinitiativen.





