Die Staatsanwaltschaft Salzburg führt Ermittlungen gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des SOS-Kinderdorfs in Seekirchen (Flachgau). Der Verdacht lautet auf sexuellen Missbrauch und körperliche Misshandlung von Kindern. Die mutmaßlichen Vorfälle sollen sich vor fünf Jahren ereignet haben und wurden durch Meldungen von Jugendlichen an das Kinderdorf bekannt.
Wichtige Punkte
- Ermittlungen gegen ehemaligen SOS-Kinderdorf-Mitarbeiter wegen Missbrauchsverdachts.
- Vorfälle sollen sich 2020 in Seekirchen ereignet haben.
- Zwei Mädchen (damals 10 und 13) und ein achtjähriger Bub betroffen.
- Verdächtiger ist bereits wegen ähnlicher Delikte vorbestraft.
- Forderung nach umfassender Aufklärung und externen Vertrauenspersonen.
Verdacht auf Missbrauch und Misshandlung in Seekirchen
Ein ehemaliger Mitarbeiter des SOS-Kinderdorfs in Seekirchen steht im Fokus von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Salzburg. Ihm wird vorgeworfen, vor etwa fünf Jahren zwei Mädchen sexuell missbraucht und einen Buben körperlich misshandelt zu haben. Die mutmaßlichen Opfer meldeten sich in diesem Jahr beim SOS-Kinderdorf Seekirchen. Dies führte zur Einleitung der aktuellen Untersuchung.
Der Beschuldigte, damals Anfang 50, soll im Jahr 2020 die beiden Mädchen, die zu diesem Zeitpunkt zehn und 13 Jahre alt waren, sexuell missbraucht haben. Dies berichtet Sabina Moser, die Salzburger Anwältin, die die Opfer im Auftrag des Kinderschutzzentrums juristisch vertritt. Die Ermittlungen befinden sich noch in einem frühen Stadium.
"Wir sind jetzt noch im Ermittlungsverfahren. Das heißt: es steht noch die kontradiktorische Einvernahme der beiden mutmaßlichen Opfer aus. Aber bei sexuellem Missbrauch Unmündiger geht es auf jeden Fall um Intimberührungen", erklärt Anwältin Sabina Moser die aktuellen Schritte.
Faktencheck
- Zeitpunkt der Vorfälle: 2020
- Alter der Mädchen damals: 10 und 13 Jahre
- Alter des Buben damals: 8 Jahre
- Meldung der Vorfälle: 2024
Körperliche Misshandlung eines Buben
Neben dem sexuellen Missbrauch an den Mädchen wird dem ehemaligen Kinderdorf-Helfer auch Gewalt gegen einen achtjährigen Buben vorgeworfen. Die Anwältin Moser beschreibt die Vorwürfe in diesem Fall so: "Hier geht es darum, dass er wahrscheinlich am Körper misshandelt wurde. Das heißt: Ohren ziehen oder am Genick fassen."
Der Verdächtige ist bereits einschlägig vorbestraft. Im Jahr 2021 wurde er wegen sexuellen Missbrauchs von Mädchen verurteilt, der sich in den Jahren 2011 und 2013 ereignet hatte. Nach dieser Verurteilung wurde er vom SOS-Kinderdorf entlassen. Dies unterstreicht die Schwere der aktuellen Anschuldigungen und wirft Fragen zur damaligen Überprüfung auf.
Forderung nach umfassender Aufarbeitung und Transparenz
Anwältin Sabina Moser fordert angesichts der neuen Vorwürfe eine umfassende Aufarbeitung des Falls. Sie betont die Notwendigkeit, Konsequenzen aus den Geschehnissen zu ziehen. Moser schlägt vor, externe Vertrauenspersonen zu benennen. Diese Personen sollten außerhalb der Einrichtung stehen, damit sich Kinder mit ihren Sorgen an sie wenden können.
"Auf jeden Fall erwarte ich mir eine umfassende und vollständige Aufarbeitung", sagt Moser. Sie fügt hinzu: "So geschlossene Systeme bedürfen, meiner Ansicht nach, Transparenz."
Hintergrundinformationen
Das SOS-Kinderdorf ist eine internationale Organisation, die sich für Kinder in Not einsetzt. Sie bietet Familien-ähnliche Betreuungsmodelle an. Fälle von Missbrauch in solchen Einrichtungen erfordern eine besonders sorgfältige Untersuchung und transparente Aufklärung, um das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Schutzbefohlenen zu wahren.
Reaktion des SOS-Kinderdorfs und der Staatsanwaltschaft
Auf Anfrage des ORF äußerte sich das SOS-Kinderdorf. Die Organisation bat um Verständnis, dass zu laufenden Ermittlungen aus Opferschutzgründen keine detaillierten Informationen gegeben werden können. Es wurde jedoch bestätigt, dass mit den Betroffenen die notwendigen Kinderschutz-Schritte eingeleitet wurden.
Diese Schritte umfassen Gespräche mit den Jugendlichen, die Information der internen Kinderschutzstelle, die Benachrichtigung der zuständigen Behörden sowie der Leitungsebenen. Dies zeigt, dass interne Mechanismen zur Reaktion auf solche Vorwürfe aktiviert wurden.
Die Staatsanwaltschaft Salzburg bestätigte am Mittwoch lediglich, dass ein Ermittlungsverfahren gegen den Mann läuft. Staatsanwaltschaftssprecherin Ricarda Eder gab an, dass derzeit keine weiteren Informationen zum Stand der Ermittlungen veröffentlicht werden können. Die Zurückhaltung dient dem Schutz der Opfer und der Integrität des Verfahrens.
Weitere Missbrauchsvorwürfe in SOS-Kinderdörfern
Der Fall in Seekirchen ist nicht der einzige, der in jüngster Zeit bekannt wurde. Mitte September kamen schwere Misshandlungsvorwürfe gegen SOS-Kinderdörfer in Kärnten und Tirol ans Licht. Diese Vorfälle sollen sich bereits vor Jahren ereignet haben.
Einem Bericht des "Falters" zufolge sollen Kinder und Jugendliche über Jahre hinweg misshandelt, eingesperrt und nackt fotografiert worden sein. Diese Informationen stammen aus einer internen Studie, die SOS-Kinderdorf selbst in Auftrag gegeben, aber nicht öffentlich gemacht hatte. Die Vorwürfe in Kärnten betreffen den Zeitraum von 2008 bis 2020.
In Tirol soll es laut "Tiroler Tageszeitung" in den Jahren 2017 bis 2020 zu fünf Missbrauchsfällen gekommen sein. Angesichts dieser Berichte hat die Leiterin der neu eingesetzten Untersuchungskommission, Irmgard Griss, angekündigt, die Strukturen innerhalb der Organisation genauestens zu prüfen. Die Häufung der Fälle erfordert eine umfassende Analyse der internen Schutzmechanismen und der Unternehmenskultur.
Diese Entwicklung zeigt die Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit der Betreuung von Schutzbefohlenen in solchen Einrichtungen. Die Gesellschaft erwartet Transparenz und eine lückenlose Aufklärung aller Vorwürfe, um das Wohl der Kinder sicherzustellen.





