Die Landwirtschaftliche Fachschule (LFS) Kleßheim wurde für ihr Projekt „Kleßheimer Weidegans“ mit dem Regionalitätspreis 2025 in der Kategorie Bildung & Forschung ausgezeichnet. Das innovative Schulprojekt will die regionale Gänsehaltung in Österreich stärken, da derzeit rund 75 Prozent des Gänsefleisches importiert werden. Schülerinnen und Schüler lernen dabei den gesamten Prozess von der Aufzucht bis zur Vermarktung kennen.
Das Projekt zielt darauf ab, Jugendlichen die Weidegans als nachhaltige Alternative in der Tierhaltung näherzubringen. Es zeigt, wie landwirtschaftliche Flächen, auch im kleinen Maßstab, ressourcenschonend und vielfältig genutzt werden können. Gleichzeitig bietet es Landwirten eine Möglichkeit, ein zusätzliches wirtschaftliches Standbein aufzubauen.
Wichtige Fakten
- Die LFS Kleßheim erhielt den Regionalitätspreis 2025 für ihr Projekt zur Haltung von Weidegänsen.
- Das Projekt reagiert auf die hohe Importquote von Gänsen in Österreich, die bei etwa 75 Prozent liegt.
- Schülerinnen und Schüler sind für alle Schritte verantwortlich, von der Aufzucht der Gössl bis zur Schlachtung und Vermarktung.
- Ziel ist die Förderung von Regionalität, Tierwohl und die Schaffung neuer Einkommensquellen für landwirtschaftliche Betriebe.
Ein preisgekröntes Konzept für mehr Regionalität
Die Landwirtschaftliche Fachschule Kleßheim hat mit ihrem Projekt „Kleßheimer Weidegans“ eine bedeutende Auszeichnung erhalten. Der Regionalitätspreis 2025 in der Kategorie Bildung & Forschung würdigt den Ansatz der Schule, ein Bewusstsein für regionale Lebensmittelproduktion zu schaffen.
Der Hintergrund des Projekts ist eine markante Zahl: Drei von vier in Österreich konsumierten Gänsen stammen aus dem Ausland. Diese Abhängigkeit von Importen will die Schule reduzieren, indem sie ein praktikables Modell für die heimische Gänsehaltung entwickelt und vermittelt.
Praxisnahe Ausbildung für die nächste Generation
Das Herzstück des Projekts ist die aktive Beteiligung der Schülerinnen und Schüler. Sie übernehmen die volle Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus der Tiere. Dieser praxisorientierte Ansatz vermittelt wertvolle Kenntnisse, die weit über den theoretischen Unterricht hinausgehen.
Die Jugendlichen kümmern sich um die Aufzucht der jungen Gössl, sorgen für die artgerechte Haltung auf der Weide und lernen schließlich auch die Prozesse der Schlachtung und der direkten Vermarktung des Fleisches. Laut der Schule lernen sie so, wie landwirtschaftliche Flächen effizient und nachhaltig genutzt werden können.
Die Idee hinter dem Projekt
Lehrer Peter Kiesenhofer, einer der Initiatoren, erklärte, dass die Idee aus dem Wunsch entstand, etwas „nicht Alltägliches“ zu schaffen. Ein entscheidender Anstoß war der Milchstreik im Jahr 2012, der die Notwendigkeit für landwirtschaftliche Betriebe aufzeigte, sich breiter aufzustellen und nicht nur von einem Produkt abhängig zu sein. Das Projekt soll die Vielfalt in der regionalen Landwirtschaft fördern.
Nachhaltige Nutzung und wirtschaftliche Chancen
Das Projekt demonstriert eindrucksvoll, wie bestehende Ressourcen besser genutzt werden können. Direktorin Walburga Kaiser und Lehrer Peter Kiesenhofer nennen ein konkretes Beispiel: Im Sommer, wenn die Kälber auf der Weide sind, stehen die Ställe oft leer. Diese können in dieser Zeit ideal für die Aufzucht der Gänse genutzt werden. Diese effiziente Doppelnutzung spart Kosten und maximiert den Ertrag der vorhandenen Infrastruktur.
Die Weideganshaltung eignet sich zudem hervorragend für Flächen, die sonst schwer zu bewirtschaften sind, wie zum Beispiel steilere Grünlandflächen oder Obstgärten. Die Gänse fungieren dort als natürliche „Rasenmäher“ und tragen zur Pflege der Landschaft bei.
„Der Flachgauer Landwirt kann nicht nur mit Milch überleben.“
Peter Kiesenhofer, Lehrer an der LFS Kleßheim
Diese Aussage unterstreicht die wirtschaftliche Dimension des Projekts. Die Gänsehaltung bietet Landwirten die Möglichkeit zur Risikostreuung und zur Erschließung eines neuen Marktes. Es ist ein zusätzliches Standbein, das die Abhängigkeit von schwankenden Preisen in anderen Sektoren, wie der Milchwirtschaft, verringern kann.
Gänsehaltung auch für den Hausgebrauch
Das Konzept ist nicht nur für große landwirtschaftliche Betriebe gedacht. Es soll auch Hemmschwellen abbauen und Privatpersonen motivieren, sich mit der Tierhaltung im kleineren Rahmen zu beschäftigen. Die Haltung von Weidegänsen ist bereits auf relativ kleiner Fläche möglich.
Platzbedarf für Weidegänse
Um eine artgerechte Haltung zu gewährleisten, sollten einige grundlegende Regeln beachtet werden:
- Fläche: Pro Gans wird eine Weidefläche von etwa 100 Quadratmetern empfohlen.
- Sozialverhalten: Gänse sind soziale Tiere und sollten niemals allein gehalten werden. Für zwei Tiere ist eine Fläche von rund 200 Quadratmetern ausreichend.
Diese geringen Anforderungen machen die Gänsehaltung auch für Menschen mit einem größeren Garten zu einer realistischen Option, um sich selbst mit hochwertigem Fleisch zu versorgen.
Verantwortung lernen im Schulalltag
Die Teilnahme an dem Weidegans-Projekt ist für die Schülerinnen und Schüler der ersten beiden Klassen vollkommen freiwillig, erfreut sich aber großer Beliebtheit. Pro Jahr werden an der LFS Kleßheim zwischen 140 und 170 Gänse von den Jugendlichen aufgezogen. Jeder teilnehmende Schüler kann zwischen zwei und zehn Gössl bestellen.
Die Arbeit beginnt mit dem Stalldienst. Die Schüler müssen sich morgens und abends um die Küken kümmern, was die Kontrolle der Temperatur sowie die Versorgung mit frischem Wasser und Futter umfasst. Nach etwa einem Monat sind die Gössl zu jungen Gänsen herangewachsen.
Vom Schulstall auf den heimischen Hof
Ein besonderer Schritt im Projekt ist die Einbeziehung der Familien. Nach einer ausführlichen Einschulung, an der auch die Eltern teilnehmen, nehmen die Schülerinnen und Schüler die Gänse über die Sommermonate mit nach Hause. Dort setzen sie die Aufzucht auf dem elterlichen Hof oder im eigenen Garten fort.
Zum Abschluss des Zyklus im Herbst werden die Tiere von den Schülern selbst geschlachtet. Dabei wird jedoch auf die individuellen Grenzen geachtet. „Aber kein Schüler muss die Gans selbst stechen“, betont Lehrer Kiesenhofer. Die Verarbeitung des Fleisches und der Erlös aus dem Verkauf bleiben vollständig bei den Schülerinnen und Schülern. Dies vermittelt nicht nur landwirtschaftliches Wissen, sondern auch ein grundlegendes Verständnis für unternehmerisches Handeln.





