Die aktuelle Planung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Salzburg und Umgebung stößt auf Kritik. Ein langjähriger Beobachter bezeichnet die jüngsten Erweiterungen als unzureichendes „Stückwerk“ und fordert die Wiederbelebung eines über 20 Jahre alten Gesamtkonzepts, des sogenannten „Flachgautakts“. Dieses Konzept versprach damals eine umfassende Verbesserung der Anbindung für Pendler aus dem Umland.
Wichtige Erkenntnisse
- Aktuelle ÖPNV-Erweiterungen in Salzburg werden als unzusammenhängende Einzelmaßnahmen kritisiert.
- Ein umfassendes Konzept namens „Flachgautakt“ wurde bereits um das Jahr 2000 entwickelt, aber nie umgesetzt.
- Der Plan sah eine deutliche Taktverdichtung für Regionalbusse aus dem Flachgau in die Stadt Salzburg vor.
- Kritiker fordern von der Politik, dieses bewährte Konzept erneut zu prüfen, um den Individualverkehr zu reduzieren und Klimaziele zu erreichen.
Aktuelle Maßnahmen und ihre Grenzen
In jüngster Zeit wurden im Salzburger ÖPNV-Netz mehrere Erweiterungen vorgenommen. Dazu gehören die Verlängerung der Obus-Linie 7 nach Haslach ohne Fahrleitung und die Einführung der Linie 181 zur Verstärkung der Verbindungen nach Walserberg. Auch die Taktverdichtung auf 15 Minuten in Richtung Hof und Eugendorf sowie die bessere Erschließung von Rif/Taxach sind Teil dieser Bemühungen.
Obwohl diese Schritte Verbesserungen für bestimmte Gebiete bringen, sehen Kritiker darin keine nachhaltige Lösung. Laut Mag. Georg Fuchshuber, der sich in einem Leserbrief an die Öffentlichkeit wandte, sind dies isolierte Maßnahmen. Es fehle ein übergreifender Plan, der das gesamte Verkehrsaufkommen im Zentralraum Salzburg berücksichtigt. Die Forderungen nach weiteren Obusverlängerungen ins Umland zeigen den anhaltend hohen Bedarf.
Hintergrund: Der Salzburger Verkehrsverbund (SVV)
Der Salzburger Verkehrsverbund wurde gegründet, um den öffentlichen Verkehr in Stadt und Land Salzburg zu koordinieren und zu organisieren. Er ist für die Planung, Bestellung und Finanzierung der Verkehrsleistungen zuständig. Die Umsetzung des „Flachgautakts“ wäre eine seiner zentralen Aufgaben gewesen.
Der vergessene Plan: Was war der „Flachgautakt“?
Bereits um das Jahr 2000 wurde ein detailliertes Konzept zur Neuordnung des Regionalbusverkehrs entwickelt. Unter dem Namen „Flachgautakt“ sollte eine grundlegende Verbesserung für Pendler aus dem Umland geschaffen werden. Der Plan war ambitioniert und zielte darauf ab, den Umstieg vom Auto auf den Bus attraktiver zu machen.
Die zentralen Elemente des Konzepts waren:
- Ein 20-Minuten-Takt: Regionalbusse aus wichtigen Flachgauer Gemeinden wie Hallein, Wals, Mondsee, Straßwalchen und Mattsee sollten im 20-Minuten-Intervall nach Salzburg fahren.
- Durchmesserlinien: Die Busse sollten nicht am Stadtrand enden, sondern die Stadt durchqueren. Geplant waren Linien, die beispielsweise Mayrwies mit Wals oder Hofwirt mit der Haunspergstraße verbinden.
- Entlastung des Obus-Systems: Durch diese neuen, schnellen Verbindungen quer durch die Stadt hätte das innerstädtische Obus-Netz spürbar entlastet werden sollen.
„Das entstandene Stückwerk der letzten Jahre ist wenigstens etwas, aber zu wenig, wenn man es mit dem unterbundenen Gesamtkonzept für den ÖPNV auf Schiene und Straße für den Zentralraum Salzburg vergleicht“, schreibt Georg Fuchshuber in seiner Analyse.
Warum scheiterte die Umsetzung?
Laut Fuchshuber wurde die Umsetzung des „Flachgautakts“ damals von der Landesverwaltung gestoppt. Er vermutet, dass politische Gründe eine Rolle spielten, um die Kompetenzen gegenüber der damals noch jungen Salzburger Verkehrsverbund GmbH zu demonstrieren. Die notwendige Infrastruktur, wie eine zweite Regionalbusleiste am Hauptbahnhof und eine Busspur in der Schwarzstraße, wurde zwar von der Stadtpolitik unter dem damaligen Stadtrat Johann Padutsch vorangetrieben, das Gesamtprojekt kam jedoch zum Erliegen.
Verpasste Chance vor über 20 Jahren
Der ursprüngliche Plan hätte bereits vor mehr als zwei Jahrzehnten eine deutliche Reduzierung des Pendlerverkehrs bewirken können. Die damaligen Konzepte sind heute relevanter denn je, da der Verkehrsdruck auf die Stadt Salzburg stetig zunimmt.
Die Folgen heute: Mangelnde Barrierefreiheit und hoher Verkehrsdruck
Die Nichtumsetzung des Gesamtkonzepts hat bis heute spürbare Auswirkungen. Zwar verkehren im Süden und Osten der Stadt mittlerweile moderne Niederflurbusse, doch auf vielen Linien im Flachgau sind weiterhin Hochflurfahrzeuge im Einsatz. Dies stellt eine erhebliche Hürde dar.
Für ältere Menschen, Eltern mit Kinderwagen und Rollstuhlfahrer ist der Einstieg in diese Busse oft mühsam oder unmöglich. Die Konsequenz ist, dass viele auf das eigene Auto angewiesen bleiben. Dies trägt zur Überlastung der Parkplätze und Zufahrtsstraßen in den Flachgauer Gemeinden bei.
Der Ruf nach einer Taktverdichtung an allen wichtigen Stadteinfahrten wird lauter. Bürgerinitiativen und Einzelpersonen fordern eine Verdopplung der Fahrpläne, um eine echte Alternative zum Individualverkehr zu schaffen.
Appell an die Politik und offene Fragen
Fuchshuber richtet seinen Appell direkt an die politischen Entscheidungsträger, darunter Stadträtin Anna Schiester und Landeshauptmann-Stellvertreter Stefan Schnöll. Er fordert sie auf, den „Flachgautakt“ wieder auf die Agenda zu setzen. Die Zeit für eine umfassende, koordinierte Verkehrsplanung sei überfällig.
Er wirft zudem kritische Fragen zur Rolle der Verkehrsplanung des Landes und des SVV auf. Gibt es Pläne, die Fahrpläne der Regionalbusse systematisch zu verdoppeln? Wie sollen die Mehrkosten finanziert werden? Eine zweckgebundene Mobilitätsabgabe, die von Einheimischen und Nächtigungsgästen getragen wird, wird als mögliche Lösung vorgeschlagen.
Klimaziele und finanzielle Konsequenzen
Die Debatte hat auch eine finanzielle Dimension. Österreich drohen Strafzahlungen in Milliardenhöhe wegen der Verfehlung der Klimaziele. Ein leistungsfähiger öffentlicher Verkehr ist ein zentraler Hebel, um den CO2-Ausstoß im Verkehrssektor zu senken. Für Salzburg könnte der Anteil an diesen Strafzahlungen laut Schätzungen rund 180 Millionen Euro betragen. Investitionen in den ÖPNV könnten somit langfristig teurere Strafen verhindern.
Als positives Beispiel wird die erfolgreiche Umsetzung eines Antrags zur Verbesserung der Flughafenanbindung und zur Anpassung der Nächtigungsabgabe genannt. Dieser Antrag wurde nach 2,5 Jahren umgesetzt und zeigt, so Fuchshuber, dass entschlossenes Handeln zu Ergebnissen führt: „Es geht offensichtlich, wenn man will.“





