Im Bundesland Salzburg ist eine politische Debatte über nicht abgerufene Bundesmittel für die Kinderbetreuung entbrannt. Die Grünen werfen der zuständigen Landesrätin vor, in den letzten zwei Jahren mehr als sechs Millionen Euro an Förderungen nicht beantragt zu haben. Die FPÖ weist die Kritik zurück und verweist auf die Zuständigkeit der Gemeinden sowie auf komplexe Förderrichtlinien des Bundes.
Das Wichtigste in Kürze
- Vorwurf der Grünen: Das Land Salzburg hat über sechs Millionen Euro an Bundesförderungen für die Kinderbetreuung nicht genutzt.
- Kritikpunkt: Das Geld hätte für bessere Betreuungsschlüssel, längere Öffnungszeiten und höhere Personalkostenzuschüsse verwendet werden können.
- Verteidigung der FPÖ: Die Gemeinden seien für die Anträge zuständig, nicht das Land. Zudem seien die Bundesrichtlinien zu kompliziert.
- Politische Debatte: Der Streit wirft ein Licht auf die unterschiedlichen Ansichten zur Verantwortung und Umsetzung von Verbesserungen in der Kinderbetreuung.
Grüne sprechen von „systematischem Versäumnis“
Die Grünen im Salzburger Landtag haben am Dienstag scharfe Kritik an der Landesregierung geübt. Im Zentrum steht der Vorwurf, dass erhebliche finanzielle Mittel des Bundes zur Verbesserung der Kinderbetreuung ungenutzt geblieben sind. Konkret handelt es sich um eine Summe von mehr als sechs Millionen Euro, die in den vergangenen zwei Jahren nicht abgerufen wurde.
Der Landtagsabgeordnete der Grünen, Simon Heilig-Hofbauer, bezeichnete die Situation als ein „systematisches Versäumnis“ der zuständigen Landeshauptmann-Stellvertreterin Marlene Svazek (FPÖ). Er betonte, dass diese Gelder lediglich hätten beantragt werden müssen, um die Qualität der Betreuungseinrichtungen im Land deutlich zu steigern.
„Es ist mir ein Rätsel, warum Salzburg hier Millionen Euro liegen lässt für eine Verbesserung in der Kinderbetreuung, für längere Öffnungszeiten, für einen besseren Betreuungsschlüssel, für kürzere Schließzeiten im Sommer.“
Heilig-Hofbauer argumentierte weiter, dass der politische Wille und die notwendige Ambition fehlten, sich diesem wichtigen Thema anzunehmen. Die nicht genutzten Mittel hätten direkt den Familien in Salzburg zugutekommen können.
Konkrete Verbesserungen wären möglich gewesen
Laut den Grünen hätten die Bundesförderungen gezielt in Bereiche fließen können, in denen viele Eltern einen dringenden Bedarf sehen. Dazu gehören:
- Besserer Betreuungsschlüssel: Mehr Personal pro Kindergruppe, um eine intensivere und individuellere Betreuung zu ermöglichen.
- Höhere Personalkostenzuschüsse: Finanzielle Unterstützung für die Gemeinden, um qualifiziertes Personal besser entlohnen zu können.
- Flexiblere Öffnungszeiten: Längere Betreuungszeiten am Tag, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern.
- Reduzierte Schließzeiten: Kürzere Schließphasen, insbesondere während der Sommermonate.
Faktencheck: Bundesförderungen
Die Bundesregierung stellt im Rahmen des Finanzausgleichs und spezieller Programme regelmäßig zweckgebundene Mittel für den Ausbau und die qualitative Verbesserung der Kinderbetreuung bereit. Diese Gelder müssen von den Ländern oder Gemeinden aktiv beantragt werden und sind oft an bestimmte Kriterien geknüpft.
FPÖ weist Kritik zurück: Gemeinden in der Verantwortung
Die zuständige Landeshauptmann-Stellvertreterin Marlene Svazek (FPÖ) wies die Vorwürfe der Grünen entschieden zurück. In einer Stellungnahme erklärte sie, dass die Verantwortung für die Beantragung dieser spezifischen Fördergelder nicht beim Land, sondern direkt bei den Gemeinden liege. Das Land könne den Gemeinden keine Vorschriften machen.
„Alles was Öffnungszeiten, Gruppeneinteilungen und Schließungszeiten betrifft, legen die Gemeinden selbst fest. Wir im Land sind sicher nicht die, die irgendjemandem etwas vorschreiben“, so Svazek gegenüber dem ORF. Sie betonte die Autonomie der Kommunen in diesen Angelegenheiten.
Svazek hob zudem hervor, dass Salzburg in anderen Bereichen bereits gut aufgestellt sei. „Wir liegen im Betreuungsschlüssel im Bundesländervergleich mittlerweile an der Spitze Österreichs“, erklärte sie. Dies zeige, dass das Land sehr wohl Anstrengungen unternehme, die Qualität der Kinderbetreuung zu sichern.
Zuständigkeiten in der Kinderbetreuung
In Österreich ist die Kinderbetreuung eine komplexe Materie mit geteilten Zuständigkeiten. Während der Bund oft die finanziellen Rahmenbedingungen schafft (z.B. durch Förderungen), sind die Länder für die Gesetzgebung (z.B. Gruppengrößen, Qualifikation des Personals) zuständig. Die Gemeinden wiederum sind als Träger der Einrichtungen für die praktische Umsetzung vor Ort verantwortlich.
Komplexe Förderinstrumente als Hürde
Ein weiterer zentraler Punkt in Svazeks Argumentation ist die Komplexität der Förderrichtlinien des Bundes. Sie bezeichnete die Instrumente als „derart komplex und praxisuntauglich“, dass viele Gemeinden Schwierigkeiten hätten, die Anträge korrekt zu stellen und die Gelder erfolgreich abzurufen.
Diese bürokratischen Hürden führen laut Svazek dazu, dass gut gemeinte Förderungen ihr Ziel verfehlen. Anstatt die Gemeinden zu entlasten, würden sie durch komplizierte Verfahren zusätzlich belastet. Dies sei der eigentliche Grund, warum die Mittel nicht im vollen Umfang genutzt werden konnten.
Ein Streit um Verantwortung und politische Prioritäten
Die Debatte zwischen Grünen und FPÖ zeigt grundlegend unterschiedliche Sichtweisen auf die politische Verantwortung. Während die Grünen das Land in der Pflicht sehen, eine proaktive Rolle bei der Einwerbung von Bundesmitteln zu spielen und die Gemeinden zu unterstützen, betont die FPÖ die Eigenverantwortung der Kommunen und kritisiert die bürokratischen Rahmenbedingungen des Bundes.
Für Eltern und Familien in Salzburg bleibt die Frage offen, warum verfügbare Mittel zur Verbesserung der Kinderbetreuung nicht genutzt werden. Unabhängig von der politischen Zuständigkeit verdeutlicht die Diskussion den weiterhin bestehenden Handlungsbedarf, um eine flächendeckend hochwertige, flexible und leistbare Kinderbetreuung im Bundesland sicherzustellen. Die kommenden politischen Diskussionen werden zeigen, ob Lösungen gefunden werden, um solche Förderlücken in Zukunft zu vermeiden.





