Ein detaillierter Plan zur Lösung der Salzburger Verkehrsprobleme sorgt für heftige Debatten. Der Verkehrsexperte Mag. Georg Fuchshuber kritisiert die von Bürgermeister Bernhard Auinger favorisierte Strategie, die stark auf Busse und die Einschränkung des Individualverkehrs setzt. Er argumentiert, dass dieser Ansatz die wachsenden Pendler- und Touristenströme ignoriert und ohne massive, unrealistische Investitionen nicht umsetzbar sei.
Fuchshuber stellt die Wirtschaftlichkeit und Machbarkeit der Pläne infrage und fordert eine Rückkehr zu schienengebundenen Lösungen wie dem S-Link, um die Stadt nachhaltig zu entlasten. Seine Analyse zeigt eine massive Lücke zwischen den vorgeschlagenen Maßnahmen und dem tatsächlichen Bedarf an Infrastruktur.
Wichtige Kritikpunkte
- Unzureichende Kapazität: Die alleinige Fokussierung auf Busse kann die steigende Zahl an Pendlern und Touristen nicht bewältigen.
- Enorme Infrastrukturkosten: Für die vorgeschlagene Strategie wären gigantische Parkhäuser und eine massive Aufstockung der Busflotte notwendig.
- Wirtschaftliche Risiken: Eine Aussperrung von Touristen und Pendlern könnte den Wirtschaftsstandort Salzburg nachhaltig schädigen.
- Alternative S-Link: Der Experte kritisiert die Abkehr von der geplanten S-Bahn-Erweiterung als kurzsichtig und ineffizient.
Die Grenzen des Bussystems
Die aktuelle Verkehrspolitik der Stadt Salzburg, die maßgeblich von Bürgermeister Auinger vorangetrieben wird, sieht eine starke Reduzierung des Autoverkehrs vor. Tagesgäste und Pendler sollen verstärkt auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Mag. Georg Fuchshuber hält diesen Ansatz für grundsätzlich fehlerhaft, da er die Dimensionen des Problems unterschätze.
Er rechnet vor, dass allein für die täglichen Arbeitspendler eine gewaltige Infrastruktur erforderlich wäre. Seiner Analyse zufolge müssten an den acht Haupteinfallstraßen der Stadt riesige Parkhäuser gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Diese müssten Kapazitäten für rund 52.800 Pkw bieten.
Infrastruktur nach Fuchshubers Berechnung
- Parkhäuser: 17-stöckige Bauten an 8 Standorten
- Kapazität: Platz für 52.800 Fahrzeuge
- Kosten: Bis zu 100 Millionen Euro pro Parkhaus
- Zusätzliche Busse: Mindestens 100 weitere O-Busse wären nötig
Fuchshuber betont, dass die benötigten Grundflächen für derart große Bauten in der Stadt kaum verfügbar seien. Zudem würde die Verlagerung auf den Busverkehr das bestehende Netz an seine Grenzen bringen. Ohne Park-and-Ride-Anlagen müsste das Regionalbusnetz um mindestens 100 Busse erweitert werden, für die im dichten Stadtverkehr kaum Platz vorhanden sei.
Tourismus als logistische Herausforderung
Ein weiterer zentraler Kritikpunkt betrifft den Umgang mit Touristen. Salzburg zieht täglich rund 30.000 Tagesgäste an, die mit etwa 10.000 Autos anreisen. Um diese Besucher auf Busse umzulenken, wären laut Fuchshuber zusätzlich rund 50 Busse erforderlich, was zu etwa 500 zusätzlichen Fahrten pro Tag führen würde.
Besonders kritisch sieht er die Pläne für Nächtigungsgäste. Sollten diese nicht mehr mit dem Auto zu ihren Hotels fahren dürfen, müssten täglich etwa 2.500 zusätzliche Pkw in den neu zu schaffenden Parkhäusern untergebracht werden. Dies wirft eine entscheidende Frage auf:
„Wer kommt unter solchen Bedingungen noch nach Salzburg, nur weil der Bürgermeister keinen Zug will? Die Stadt wäre maximal beruhigt, aber auch ruiniert.“
Die Organisation des Gepäcktransports vom Parkhaus zum Hotel wäre eine zusätzliche logistische Hürde, die den Komfort für Touristen erheblich einschränken würde. Fuchshuber warnt davor, dass solche Maßnahmen die Attraktivität Salzburgs als Reiseziel massiv gefährden könnten.
Der Shuttle-Plan vom Messezentrum
Ein konkretes Projekt, das Fuchshuber analysiert, ist der geplante Shuttle-Dienst vom Messegelände zum Hanuschplatz für Reisebus-Touristen. Er kritisiert die Streckenführung, die durch dicht besiedeltes Wohngebiet führt – vorbei an einem Seniorenheim, Schulen, Kindergärten und einem Krankenhaus. Diese Route würde eine enorme Belastung für die Anrainer bedeuten.
Er verweist darauf, dass eine Alternative bereits existierte: eine geplante Erweiterung des S-Link, die von der bestehenden Lokalbahnstrecke abzweigen und durch unbewohntes Gebiet führen sollte. Dieses Projekt wurde jedoch vorerst gestoppt.
Hintergrund: S-Link Projekt
Der S-Link ist ein geplantes S-Bahn-Projekt, das den Salzburger Hauptbahnhof mit dem Süden der Stadt und dem Umland verbinden soll. Ziel ist es, eine leistungsfähige Nord-Süd-Achse im öffentlichen Verkehr zu schaffen und den Individualverkehr zu reduzieren. Befürworter sehen darin die einzige langfristige Lösung für die Verkehrsprobleme, während Kritiker die hohen Kosten und die lange Bauzeit bemängeln.
Kosten und Effizienz in der Kritik
Fuchshuber zweifelt auch an der finanziellen und operativen Effizienz der Bus-Strategie. Ein funktionierender Shuttle-Dienst vom Messegelände würde seiner Einschätzung nach mindestens drei dreiteilige, 24 Meter lange Doppelgelenk-O-Busse erfordern. Die Anschaffungskosten für ein solches Fahrzeug belaufen sich auf etwa eine Million Euro.
Die jährlichen Betriebskosten für drei dieser Fahrzeuge im Taktbetrieb schätzt er auf rund 1,1 Millionen Euro. Diese Investitionen wären seiner Meinung nach sinnlos, wenn die ankommenden Reisebusse für die „letzte Meile“ zum Hotel ungenutzt blieben und die Kosten stattdessen die Stadt tragen müsste.
Als Beispiel für Ineffizienz nennt er die Buslinie in der Siebenstädterstraße, wo oft ein 12-Meter-Bus mit nur wenigen Fahrgästen unterwegs sei. Hier würde ein Ruftaxi ausreichen, so seine Einschätzung.
Plädoyer für schienengebundene Lösungen
Für Fuchshuber ist die Abkehr von schienengebundenen Projekten wie dem S-Link ein fundamentaler Fehler. Er beschreibt den Versuch, das Verkehrsproblem mit Bussen zu lösen, als den Versuch, „mit einem Sandkistenschauferl eine Hochhausbaugrube auszuheben“. Damit würden auch Finanzierungszusagen von Bund und Land für die S-Bahn leichtfertig abgelehnt.
Er verweist auf die belgische Stadt Gent, die oft als Vorbild für eine gelungene Verkehrsberuhigung genannt wird. Er argumentiert jedoch, dass Gent seine Erfolge nur auf Basis eines bereits gut ausgebauten Schienennetzes erzielen konnte.
Seine Forderung ist klar: Salzburg müsse zuerst die S-Bahn und die Lokalbahnverlängerung gemäß den Plänen von 1995 realisieren und den bereits im Jahr 2000 konzipierten „Flachgautakt“ für Regionalbusse umsetzen. Nur so könne die notwendige Kapazität im öffentlichen Nahverkehr geschaffen werden, um eine echte Alternative zum Auto zu bieten. Ohne diese Grundlage seien alle anderen Maßnahmen zum Scheitern verurteilt.





